Eine Splittergruppe der IRA hat sich zu dem Anschlag in Nordirland bekannt. Bei einer Zeitung in Dublin sei ein Bekenneranruf der sogenannten Real IRA eingegangen, berichtete der Sender BBC am Sonntagabend. Am Vortag hatten Terroristen zwei Soldaten vor einer Kaserne in der Grafschaft Antrim nördlich von Belfast erschossen und vier Männer schwer verletzt.
Belfast. Erstmals seit zwölf Jahren sind die britischen Streitkräfte in Nordirland wieder Ziel eines tödlichen Anschlags geworden. Zwei Soldaten wurden von mutmaßlichen Dissidenten der Untergrundorganisation IRA erschossen, als sie vor ihrer Kaserne eine Pizza-Lieferung entgegen nehmen wollten. Zwei weitere Soldaten und die beiden Mitarbeiter des Lieferservices wurden schwer verletzt. Die Regierungen in Belfast, London und Dublin verurteilten den Anschlag scharf. Nach Angaben der irischen Zeitung "The Sunday Tribune" bekannte sich eine Splittergruppe der IRA zu der Tat.
Die beiden Attentäter schossen laut Polizeichef Derek Williamson am Samstagabend mit Sturmgewehren aus ihren Auto, das dem Lieferwagen offenbar bis zur Massereene-Kaserne in Antrim westlich von Belfast gefolgt war. Mindestens ein Angreifer sei dann ausgestiegen und habe aus nächster Nähe auf seine Oper gezielt, als diese bereits am Boden gelegen hätten. Nach den tödlichen Schüssen ergriffen die Männer die Flucht. Das mutmaßliche Tatfahrzeug wurde später verlassen im Nachbarort Randalstown aufgefunden. Bei den Toten handelte es sich laut Polizei um zwei Soldaten Anfang 20, die in Kürze nach Afghanistan entsandt werden sollten.
Der Anschlag richtete sich offenbar auch gegen die nach langem Ringen gebildete nordirische Allparteienregierung. Politiker sowohl der probritischen Protestanten als auch der proirischen Katholiken machten aber Dissidenten der Irisch-Republikanischen Armee verantwortlich. Während die IRA 1997 eine Waffenruhe verkündete, widersetzten sich Splittergruppen dem Friedensprozess und verübten wiederholt Anschläge.
Laut "Sunday Tribune" ging bei dem Blatt ein Bekenneranruf der sogenannten Wahren IRA ein. Die Chefreporterin der Zeitung in Nordirland, Suzanne Breen, sagte, anhand eines Codewortes sei sichergestellt, dass es sich wirklich um einen Sprecher der Gruppe gehandelt habe.
Politiker halten an Friedensprozess fest
Die britische Provinz Nordirland werde sich nicht vom Weg des Friedens abbringen lassen, versicherte der Belfaster Regierungschef Peter Robinson. Der britische Premierminister Gordon Brown erklärte: "Das ganze Land ist erschüttert und empört über diesen gemeinen und feigen Anschlag." Kein Mörder werde jedoch den Friedensprozess aus der Bahn werfen. "Wir hatten alle gehofft, dass sinnlose Gewalt der Vergangenheit angehören würde", sagte der irische Ministerpräsident Brian Cowen.
Auch die Partei Sinn Fein, die der IRA nahesteht, jetzt aber mit Robinsons Democratic Unionist Party (DUP) die Regionalregierung in Belfast bildet, verurteilte den Anschlag. Offensichtlich wollten die Angreifer die Uhr zurückdrehen, erklärte Parteichef Gerry Adams.
Rund 4.000 Soldaten sind noch in Nordirland stationiert. Seit Juli 2007 ist ihre sicherheitspolitische Rolle in der Provinz aber stark eingeschränkt. IRA-Dissidenten haben in den vergangenen Jahren wiederholt britische Sicherheitskräfte angegriffen und verletzt. Der letzte Anschlag, bei dem ein Soldat getötet wurde, war im Februar 1997. Im Jahr 2002 wurde ein von den Streitkräften engagierter Bauarbeiter von IRA-Abweichlern getötet.
Die IRA selbst hatte Jahrzehnte lang Zivilpersonen, die Geschäfte mit britischen Soldaten machten, auf ihrer Schwarzen Liste. Ihre Waffenruhe von 1997 ermöglichte ein Jahr später das sogenannte Karfreitagsabkommen über eine gemeinsame Regierung der Protestanten und Katholiken in Nordirland. Der Gewalt in der Provinz fielen in den vergangenen Jahrzehnten mehr als 3.700 Menschen zum Opfer. Allein die IRA war zwischen 1970 und 1997 für den Tod von fast 1.800 Menschen verantwortlich.
Die paramilitärische Gruppe Real IRA entstand 1997 und kämpft für eine Abspaltung der ehemaligen Krisenprovinz Nordirland von Großbritannien. Sie bildete sich aus einem Flügel der IRA, nachdem dieser der Waffengewalt abgeschworen hatte. Die Real IRA ist auch für den Anschlag im nordirischen Omagh im August 1998 verantwortlich, bei dem 29 Menschen ums Leben kamen und hunderte Menschen verletzt wurden.