Europas Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering warnt im Abendblatt davor, die Stabilität des Euro zu schwächen.

Hamburg/Brüssel. Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU haben bei ihrem Sondergipfel zur Finanzkrise die Forderung der osteuropäischen Staaten nach einem Hilfsfonds zurückgewiesen. Kurz vor der Zusammenkunft hatten sich neun osteuropäische EU-Staaten zu einem separaten Treffen versammelt. Dabei präsentierte der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany die Forderung nach einem Solidaritätsfonds der EU für die mittel- und osteuropäischen Länder. Größenordnung: 160 bis 190 Milliarden Euro. Ungarn und Lettland haben bereits Milliardenhilfe vom Internationalen Währungsfonds (IWF) erhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnte die Forderungen umgehend ab. "Ich rate nicht dazu, hier mit Riesenzahlen in die Debatte zu gehen", sagte sie. "Ich sehe hier eine sehr unterschiedliche Situation. Man kann weder Slowenien noch die Slowakei mit Ungarn vergleichen." Und wenige Stunden später war nach dem Treffen aller Staats- und Regierungschefs auch klar: Es gibt keine konkreten Zusagen an die in Not geratenen Volkswirtschaften in Osteuropa und auch nicht an die angeschlagene Autoindustrie. Gyurcsanys Forderungen standen plötzlich als Alleingang da.

Und es herrschte - nach außen - wieder Übereinstimmung. Mit Blick auf die schwierige Wirtschaftslage in Teilen Osteuropas hieß es in der lange ausgefeilten Abschlusserklärung, im Notfall werde die EU "alle verfügbaren Instrumente" zur Unterstützung eines in Zahlungsschwierigkeiten geratenen Landes ergreifen.

Gegen das generelle Hilfsprogramm für Osteuropa hatte sich nicht nur Merkel gewandt, sondern auch einige betroffene Regierungschefs selbst. Dafür seien die Probleme zu unterschiedlich. Der estnische Ministerpräsident Andrus Ansip erklärte: "In einigen Ländern der Eurozone sind die Probleme sehr viel größer als in den sogenannten neuen Mitgliedsstaaten." Sobald ein Land in akute Zahlungsschwierigkeiten gerät, wollen die übrigen EU-Staaten aber "alle verfügbaren Instrumente" zu seiner Unterstützung ergreifen, wie es in der Abschlusserklärung heißt.

Für die Autoindustrie gab es auch keine Zusagen, doch Merkel regte an, dass der Kreditrahmen der Europäischen Investitionsbank (EIB) für die Entwicklung unweltfreundlicher Auto aufgestockt würde. Das EIB-Programm zur Entwicklung moderner Antriebstechnologien sei wie die Abwrackprämie "ein Renner", die Mittel dafür für dieses Jahr aber schon weitgehend ausgeschöpft.

Unmittelbar nach dem Gipfel lobte der Präsident des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, gegenüber dem Hamburger Abendblatt das Treffen. "Es war eine ernsthafte, der Zukunft zugewandte Diskussion, die zum Ausdruck brachte, dass die Europäische Union gemeinsam handeln will", sagte er. Es habe auch Einigkeit gegeben, dass das Verschuldungsproblem "im Griff behalten" werden muss. "Die Defizite von heute sind die Steuern von morgen", sagte Pöttering. "Das muss jeder wissen, der in unbegrenzte Schuldenpolitik hineingeht. Damit würde man die Stabilität des Euros schwächen und zukünftige Generationen belasten." Die Überschreitung der Stabilitätskriterien müsste eine Ausnahme bleiben. Die EU-Kommission hat derzeit gegen fünf Euro-Länder und drei weitere EU-Mitgliedsstaaten Verfahren wegen der Verletzung der Stabilitätskriterien eingeleitet. Sie erlauben eine Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Forderungen nach einer beschleunigten Aufnahme einiger osteuropäischer Länder in die Eurozone wurden denn auch mehrheitlich abgelehnt. Pöttering hob allerdings hervor, dass noch geklärt werden müsse, "wie die Koordinierung zwischen den Ländern der Eurozone und der Nicht-Eurozone verbessert werden kann". "Wir waren uns alle einig, dass wir ohne den Euro wesentlich größere Turbulenzen hätten", sagte Pöttering.