Von wegen Privatbesuch: Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat mit seiner Iran-Visite für Aufregung bei Kritikern und für leises Lob bei Diplomaten gesorgt. Schröder kritisierte, dass im Iran der Holocaust geleugnet werde. Irans Präsident Ahmadinedschad wollte deshalb sogar das Treffen mit Schröder absagen. Hatte Schröder einen geheimen diplomatischen Auftrag? Bilder der Aktivitäten Gerhard Schröders nach seiner Kanzlerschaft.
Teheran/Berlin. Rein privat war der Besuch des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) in Teheran. Das zumindest behauptete er. Doch obwohl die wissenschaftliche Stiftung seines Freundes Madschid Samii, einem Neurochirurgen aus Hannover, im Vordergrund stehen sollte, war Schröders Visite ein Politikum, erster Ordnung.
Der Mann mit den bsten Beziehungen zu Russlands Premier Wladimir Putin traf Schröder fast die gesamte politische Elite des Iran, einschließlich Präsident Mahmud Ahmadinedschad und dessen Herausforderer bei den Wahlen, Mohammad Chatami.
"Es ist ja klar, dass eine so politische Persönlichkeit wie Herr Schröder auch bei einem Privatbesuch politische Gespräche nicht umgehen kann", sagte Irans Botschafter in Berlin, Ali Resa Scheich Attar. Schröder selbst sagte: "Ich bin privat hier, habe keinen offiziellen Auftrag, aber ich bin ein politischer Mensch."
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat Schröder wegen seines Treffens mit dem iranischen Präsidenten Ahmadineschad kritisiert. "Herr Schröder fügt dem Ansehen der Bundesregierung und der Bundesrepublik Deutschland schweren Schaden zu", sagte der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, der Hannoverschen "Neuen Presse". Schröder unterstütze mit dem Treffen den Diktator und das Regime in Iran.
Für die Presse in Teheran war Schröder der Gesandte des neuen US-Präsidenten Barack Obama oder zumindest im offiziellen Auftrag von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Iran. All die Bemühungen des Altkanzlers, dies zu dementieren, führten nur zu mehr Spekulationen über eine geheime Mission, besonders weil auch von iranischer Seite der Besuch als ein Signal für eine Verbesserung der Beziehungen zu Deutschland und zum Westen insgesamt exponiert wurde.
Über die Gespräche mit den Kabinettsmitgliedern wurde in Teheran fast nichts berichtet. Das Treffen mit Ahmadinedschad drohte Gerüchten zufolge sogar ganz zu platzen. Hintergrund war die Rede Schröders zuvor in der iranischen Industrie- und Handelskammer in Teheran. Dort hatte er den Präsidenten für dessen israel-feindliche Bemerkungen und die Leugnung des Holocaust kritisiert. "Der Holocaust ist eine historische Tatsache, und es macht keinen Sinn, dieses einmalige Verbrechen zu leugnen."
Die iranische Seite konterte mit der Forderung an Schröder und den Westen, den Konflikt im Nahen Osten nicht mit zweierlei Maß zu messen und auch die israelischen "Aggressionen", wie die jüngsten Militärangriffe im Gazastreifen, zu verurteilen.
Eine informierte Quelle in Teheran behauptete, dass die Rede Schröders gar nicht geplant war und erst nach der Kritik in Deutschland am Treffen mit dem iranischen Präsidenten vorbereitet wurde.
Ahmadinedschad war anscheinend über die Kritik im eigenen Land gar nicht erfreut. Das Treffen fand zwar letztendlich statt, aber in einer offensichtlich angespannten und eher kühlen Atmosphäre. Ganz anders war das Treffen Schröders mit Ahmadinedschads Herausforderer Mohammad Chatami. Die beiden begrüßten sich sehr herzlich, plauderten über gemeinsame Zeiten im Amt, lachten viel. Es wurde sogar kurz Deutsch gesprochen Chatami war vor der islamischen Revolution von 1979 Leiter des Islamischen Zentrums in Hamburg.
Am Ende wurde Schröder ein Geschenk anscheinend ein Buch mit persischer Poesie überreicht. "Als wir beide noch im Amt waren, waren die bilateralen Beziehungen bestens und auch im Atomstreit versuchten beide Seiten das Thema über diplomatische Kanäle zu lösen", sagte Chatami, der bei den Präsidentenwahlen am 12. Juni als Vertreter der reformorientierten Opposition gegen Ahmadinedschad antreten will.
Schröder sagte zu Beginn seines Besuchs, er habe zwar "keinen Auftrag, aber Hoffnung." Er appellierte an Teheran, die "ausgestreckte Hand" der Obama-Regierung anzunehmen, um eine neue Ära in den Beziehungen zum Westen beginnen zu können. Am Ende seiner Reise bemerkte er in dieser Hinsicht "zwar Bereitschaft", aber "nicht so wie gewünscht".