Und wieder flog ein Schuh gegen einen Mächtigen: Chinas Premier Wen Jiabao wurde um einen Meter verfehlt, als er in der Uni von Cambridge eine Rede hielt. Die chinesischen Medien säuberten zunächst das Internet von jedem Informationsschnipsel über den Zwischenfall. Dann gab es doch Bilder im Staatsfernsehen. Ein englisches Video zeigt den Vorfall ebenfalls.
Hamburg/London. Der Mann, der einen ausgelatschten Adidas-Schuh Richtung Chinas Premier Wen Jiabao schleuderte, könnte nach britischen Medienspekulationen aus Deutschland stammen. Der "Daily Telegraph" schrieb von einem mutmaßlich deutschen Akzent, mit dem der 27-Jährige seine Anschuldigungen gerufen habe, bevor er von der Polizei in Gewahrsam genommen wurde.
Bei George W. Bush haben sie noch gefeixt. Jetzt ist der Humor der Chinesen aufgebraucht und eingefroren. Nach dem Schuhwurf auf Ministerpräsident Wen bei einer Rede in der britischen Universitätsstadt Cambridge haben die staatlichen Medien im Reich der Mitte den Vorfall verschwiegen. Die zensierten Medien und Webportale sprachen von einer "Störung" der Rede. In den Abendnachrichten aber zeigte das Staatsfernsehen den Zwischenfall in einem längeren Filmbericht.
Schuh-Attacke auf chinesischen Premier
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China kontrolliert das Internet scharf. Selbst bei der Rede Barack Obamas zur Amtseinführung als US-Präsident wurden unliebsame Passagen einfach herausgestrichen.
Gegen das "verabscheuungswürdige Verhalten" des Täters protestierte Chinas Außenministerium: "Ein Mann hat verzweifelt versucht, die Ordnung im Saal und die Rede zu stören. Sein Verhalten stieß auf energischen Widerstand des ganzen Publikums. Er wurde ausgebuht und abgeführt", so die Version des Ministeriums. Der Schuhwurf, der an einen ähnlichen Angriff auf US-Präsident George W. Bush im Dezember in Bagdad erinnerte, wurde nicht explizit genannt. Als Bush beworfen wurde, kommentierte der Sprecher Liu Jianchao vor ausländischen Journalisten: "Ich sollte nicht nur auf jene achten, die ihre Hand heben, sondern auch auf solche, die ihre Schnürsenkel aufschnüren." Den Satz wertete Chinas Staatsagentur Xinhua später als Beweis für den besonderen Humor des Leiters der Informationsabteilung des Außenministeriums.
Die britische Polizei hat den Täter offiziell wegen Störung der öffentlichen Ordnung beschuldigt. Der 27-Jährige war während einer Rede Wens vor etwa 500 Zuhörern in der renommierten britischen Universität aufgestanden und hatte einen Turnschuh in Richtung des Ministerpräsidenten geworfen. Dabei rief er: "Das ist ein Skandal. Wie könnt ihr den Lügen dieses Diktators zuhören?" Der Schuh verfehlte Wen um etwa einen Meter.