Es ist eine Geste, die von Mut, Idealismus und der Einsicht in die unverzichtbare Rolle der Vereinigten Staaten zeugt: Der neue amerikanische...
Es ist eine Geste, die von Mut, Idealismus und der Einsicht in die unverzichtbare Rolle der Vereinigten Staaten zeugt: Der neue amerikanische Präsident gibt das allererste Interview seiner Amtszeit einem arabischen Sender und reicht darin der ganzen muslimischen Welt die Hand zur Versöhnung. Undenkbar noch vor wenigen Jahren. Auf den Trümmern der Nahost-Politik von George W. Bush, der das Unwort "Kreuzzug" in den Mund nahm und in zwei islamischen Ländern Krieg führte, will Barack Obama eine Basis für ein gedeihlicheres Miteinander von Orient und Okzident errichten. Indem er ehrlich einräumt, Amerika habe Fehler im Umgang mit der islamischen Welt gemacht, erbringt Obama eine wichtige moralische Vorleistung und lindert die Wut der Muslime auf Washington. Es ist gut möglich, dass die gemäßigten Kräfte etwa im Iran dies als Ermutigung betrachten, einen Dialog mit den USA zu installieren.
Allerdings werden sich radikalislamische Militante vom mörderischen Schlag der Hamas-Hardliner oder gar al-Qaidas jeglichen Umarmungen und Angeboten der westlichen Vormacht weiterhin entziehen. Obamas Taktik läuft darauf hinaus, die islamische Welt zu spalten - die Gemäßigten als Freunde zu gewinnen und die Militanten zu bekämpfen. Es ist ein sehr schmaler Grat, den er begeht - nicht zuletzt deshalb, weil Amerika Israel nicht im Stich lassen, zugleich aber nicht als voreingenommen gegenüber arabischen Interessen erscheinen darf. Gelingt Obamas Balanceakt, wird sich Israel auf einen schwierigeren Partner einstellen müssen. Zugleich kann damit eine Menge Druck aus dem nahöstlichen Krisenkessel entweichen.
Amerika meldet sich dynamisch in der Region zurück. Zu seinem Einfluss gibt es keine Alternative - Europa ist noch auf lange Sicht viel zu zerstritten und militärisch nicht handlungsfähig.