Merkel verteidigt Milliardenkredite an Athen. Banken sollen sich freiwillig beteiligen
Athen/Berlin. Streikende Müllwerker ziehen im Lkw-Korso durch Athen, heute legen Griechenlands Beamte für zwei Tage die Arbeit nieder, morgen sind die Beschäftigten in der Privatwirtschaft zum Generalstreik aufgerufen.
Nachdem die Finanzminister der Euroländer und der Internationale Währungsfonds (IWF) Hilfskredite über 110 Milliarden Euro für das vom Staatsbankrott bedrohte Land auf den Weg gebracht haben, hat die griechische Bevölkerung ihre Protestaktionen gegen das von ihrer Regierung verordnete Sparprogramm verschärft.
Der Widerstand erstreckt sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Gestern Abend stürmten protestierende Lehrer das Fernsehstudio des Senders NET während der Hauptnachrichten. Die Sendung wurde abgebrochen. Ab der kommenden Nacht wollen die Fluglotsen den griechischen Luftraum für 24 Stunden komplett schließen. Bereits tagsüber werden Dutzende Flüge ausfallen, weil auch die Beamten der Zivilluftfahrt die Arbeit niederlegen. Sogar Armee-Offiziere protestieren zu Dutzenden in Uniform auf den Straßen der Hauptstadt.
Die Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte auf Druck der anderen Euroländer, des IWF und der Europäischen Zentralbank (EZB) weitere Steueranhebungen, die Streichung des 13. und 14. Monatsgehalts für Beamte und Rentner sowie eine Anhebung des Rentenalters verkündet. Gestern sprach sich Staatspräsident Karolos Papoulias dafür aus, Steuersünder endlich strenger zur Rechenschaft zu ziehen.
In Berlin billigte das Bundeskabinett gestern den deutschen Anteil an der Griechenland-Hilfe. Allein in diesem Jahr muss die staatliche KfW-Bank 8,4 Milliarden Euro nach Athen überweisen, bis 2012 sollen es 22,4 Milliarden sein. Der Staat bürgt für die Kredite. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteidigte die Finanzhilfe. Man habe auf die Notsituation in dem Euroland entschlossen reagieren müssen. Es werde nicht nur Griechenland geholfen, sondern die Stabilität des Euro als Ganzes gesichert. Davon profitierten auch die Deutschen. "Eine stabile europäische Währung ist ein außerordentlich hohes Gut", sagte Merkel.
Bis Freitag sollen auch der Bundestag und der Bundesrat dem notwendigen Gesetz für die Griechenland-Hilfe zustimmen. Die Zeit drängt, da Athen bereits Mitte Mai neun Milliarden Euro frisches Geld benötigt, das es an den Finanzmärkten nur zu Zinssätzen von mehr als zwölf Prozent aufnehmen könnte. Für die Kredite aus Deutschland muss Athen hingegen nur etwa fünf Prozent Zinsen zahlen.
Die Oppositionsfraktionen im Bundestag ließen gestern nach einem Gespräch mit Merkel und Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) ihre Zustimmung zum Hilfspaket offen. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte, die Bevölkerung erwarte, dass sich die Banken am entstandenen Schaden beteiligten und Vorsorge gegen eine solche Krise getroffen werde. Merkel kündigte an, sie werde beim EU-Sondergipfel am Freitag Vorschläge für eine Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes unterbreiten. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will heute bei deutschen Großbanken dafür werben, dass sie einen freiwilligen Beitrag zur Griechenland-Hilfe leisten.