Berlin. Der scheidende US-Präsident Joe Biden gilt als erklärter Gegner der Todesstrafe. Nun bewahrt er 37 Häftlinge vor der Hinrichtung.

Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt hat US-Präsident Joe Biden 37 von 40 auf Bundesebene verhängten Todesurteilen in lebenslange Haft umgewandelt. Das Weiße Haus veröffentlichte die Namen der Betroffenen, über die sich Biden als erklärter Gegner der Todesstrafe wie folgt äußerte: „Täuschen Sie sich nicht: Ich verurteile diese Mörder, trauere um die Opfer ihrer verabscheuungswürdigen Taten und leide mit all den Familien, die einen unvorstellbaren und endgültigen Verlust erlitten haben.“ 

Diese Entscheidung stehe im Einklang mit dem Moratorium, das seine Regierung für Hinrichtungen auf Bundesebene verhängt habe, sagte Biden. Dass er sich trotzdem so entschieden habe, begründete Biden mit seinem Gewissen sowie seinen Erfahrungen als Pflichtverteidiger und Politiker. Demnach soll es für die nun lebenslang verurteilten Häftlinge keine Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis geben.

Nur gegen drei auf Bundesebene zum Tode Verurteilte bleibt das Urteil stehen: Einer von ihnen ist Dschochar Zarnajew, verantwortlich für den Anschlag auf den Boston-Marathon 2013 mit drei Toten. Hinzu kommen Dylann Roof, der 2015 in einer Kirche in Charleston im Bundesstaat South Carolina neun Afroamerikaner erschoss und Robert Bowers, der 2018 elf jüdische Gläubige in einer Synagoge in Pittsburgh tötete.

Die letzte Hinrichtung auf Bundesebene erfolgte am 16. Januar 2021, vier Tage bevor der damalige Präsident Donald Trump aus dem Amt ausschied. Biden hatte vor seinem Einzug ins Weiße Haus angekündigt, sich gegen die Todesstrafe auf Bundesebene einzusetzen. Sein Justizminister Merrick Garland verkündete im Juli 2021 ein Moratorium für Hinrichtungen auf Bundesebene.

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„Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie eine neue Regierung Hinrichtungen wieder aufnimmt, die ich ausgesetzt habe“, sagte Biden nun über seinen Vorgänger und auch Nachfolger Trump. Es wird angenommen, dass dieser nach Amtsantritt Bidens Moratorium beenden und Hinrichtungen auf Bundesebene wieder aufnehmen wird.

Während seines Wahlkampfs sprach der designierte Präsident wiederholt davon, die Anwendung der Todesstrafe auf Migranten, die US-Staatsbürger töten, und auf Drogen- und Menschenhändler ausweiten zu wollen. In den letzten sieben Monaten seiner ersten Amtszeit ließ Trump 13 Hinrichtungen auf Bundesebene vollstrecken – so viele wie kein US-Präsident seit Jahrzehnten.

Die Entscheidung Bidens betrifft nur Urteile der Bundesjustiz, nicht der einzelnen Bundesstaaten. In 23 der 50 US-Bundesstaaten ist die Todesstrafe abgeschafft, in sechs weiteren ist ein Moratorium in Kraft und es werden keine Urteile vollstreckt. In diesem Jahr gab es in den USA 25 Hinrichtungen, alle auf Grundlage von Bundesstaaten-Urteilen.

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In den Bundesstaaten verurteilte Todeskandidaten kann der Präsident nicht begnadigen – dies können nur die jeweiligen Gouverneure. Nach Angaben des Death Penalty Information Center sitzen derzeit mehr als 2000 Menschen in den Todestrakten von US-Gefängnissen.

Nach einer im Oktober veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup befürworten 53 Prozent der US-Bürger die Todesstrafe, 43 Prozent sind dagegen, während vier Prozent zu dem Thema keine Meinung haben. Fortschritte in der Forensik sowie Enthüllungen über Justizirrtümer stellen die vermeintliche Schuld bereits hingerichteter Sträflinge infrage. Gleichzeitig wird die Diskriminierung im Strafjustizsystem kritisiert – denn Studien zeigen, dass die Todesstrafe eher verhängt wird, wenn die Opfer weiß sind. Außerdem erhalten Schwarze bei ähnlichen Verbrechen oft härtere Strafen als Weiße.

Vor etwas mehr als einer Woche hatte Biden bereits die Haftstrafen von fast 1.500 Personen auf Bundesebene reduziert und 39 weitere begnadigt – eine Tradition, der viele US-Präsidenten am Ende ihrer Amtszeit folgen. Besonderes Aufsehen erregte die Begnadigung seines Sohnes Hunter Biden Anfang Dezember. Der 54-Jährige hatte Steuervergehen eingeräumt und war zudem wegen Verstößen gegen das Waffenrecht schuldig gesprochen worden.