Berlin/Damaskus. Kurz nach der Flucht von Syriens Präsidenten Baschar al-Assad erklären die Rebellen ihn im Fernsehen für abgesetzt. Widerstand gibt es keinen.

Nach ihrem schnellen Vormarsch in Syrien sind die Aufständischen in der Hauptstadt Damaskus in den Präsidentenpalast eingedrungen. Augenzeugen berichteten der Deutschen Presse-Agentur, die bewaffneten Kämpfer hätten das Palastgelände betreten und „Gott ist groß“ gerufen. 

In sozialen Medien war auf einem Video zu sehen, wie einige bewaffnete Männer an einem Einfahrtstor in die Luft schießen, an dem mutmaßlich das Palastgelände beginnt. Der Nachrichtensender Al-Arabija zeigte Aufnahmen der Rebellen, die Palasträume und Gärten erkunden und Fotos machen.

Syrien: Kämpfer geben Sturz von Assad bekannt

Im Staatsfernsehen gaben Kämpfer mehrerer Gruppen den Sturz von Syriens Machthaber Baschar al-Assad bekannt. In einer Ansprache verlas ein Mitglied einer Menschengruppe unter dem Namen „Einsatzzentrale zur Eroberung von Damaskus“ eine Erklärung. Darin wurde die „Befreiung der Stadt Damaskus und der Sturz des Tyrannen Baschar al-Assad“ verkündet. 

Weiter hieß es, „alle zu Unrecht in den Gefängnissen des Regimes Inhaftierten“ sollten freigelassen werden. Kämpfer wie Bürger wurden in der Erklärung aufgerufen, das „Eigentum des freien syrischen Staats“ zu schützen.

Syriens Machthaber Baschar al-Assad war kurz zuvor aus Damaskus geflohen. Die Aufständischen betraten das Gelände zum Palast, der westlich der Hauptstadt liegt, offenbar ohne Widerstand. Von dort gab es Berichte, die Regierungsmitarbeiter und Sicherheitskräfte hätten das Gelände verlassen.

Bürgerkrieg in Syrien
Damaskus: Syrer feiern die Ankunft von Oppositionskämpfern. © DPA Images | Omar Sanadiki

Aufständische dringen in Präsidentenpalast in Damaskus ein

„Der Tyrann Baschar al-Assad ist geflohen“, erklärten die Kämpfer auf Telegram. Sie riefen die ins Ausland geflüchteten Syrer auf, in ein „freies Syrien“ zurückzukehren. Bewohner von Damaskus gaben gegenüber der Nachrichtenagentur AFP an, schwere Schüsse gehört zu haben.

Assad habe Syrien über den internationalen Flughafen von Damaskus verlassen, bevor sich die Mitglieder der Streit- und Sicherheitskräfte von dem Gelände zurückgezogen hätten, teilte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, mit. AFP konnte die Angaben zunächst nicht unabhängig bestätigen. 

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Regierungschef Mohammed al-Dschalali zur Kooperation bereit

Assads Regierung hatte zuvor bestritten, dass sich die Armee aus Gegenden um Damaskus zurückgezogen hätten. Nach Berichten über die Flucht des Präsidenten erklärte Regierungschef Mohammed al-Dschalali indes in einem Video auf Facebook, er sei bereit zur Kooperation mit „jeder Führung, die das syrische Volk bestimmt“. Er stehe für jegliches Verfahren zur Machtübergabe bereit. 

„Dieses Land kann ein normales Land sein, das gute Beziehungen zu seinen Nachbarn und der Welt aufbaut“, sagte al-Dschalili weiter. Dies liege in den Händen „jeder Führung, die das syrische Volk bestimmt“.

Nach Angaben aus dem Umfeld der libanesischen Hisbollah zog die mit Assad verbündete pro-iranische Miliz ihre Kämpfer aus der syrischen Stadt Homs und den Außenbezirken der Hauptstadt Damaskus ab. Einige von ihnen sollten nach Latakia in Syrien gehen, andere in die Region Hermel im Libanon.

Rebellen rücken auch im Nordosten weiter vor

Zeitgleich zu ihrem Vormarsch auf Damaskus rückten die Rebellen auch weiter im Nordosten des Landes vor. Sie hätten auch Gebiete westlich der wichtigen Stadt Dair as-Saur unter ihre Kontrolle gebracht, sagten die Aufständischen bei einer Ansprache im syrischen Staatsfernsehen. Dieses Gebiet kontrollierten zuvor die syrischen Regierungstruppen mit verbündeten Milizen.

Dair as-Saur liegt am Fluss Euphrat und entlang wichtiger Verkehrs- und Versorgungsrouten zwischen dem östlichen und zentralen Teil Syriens. Nahe der Grenze zum Irak sind dort auch die meisten Ölfelder des Landes sowie ein US-Militärstützpunkt. Gebiete der Stadt werden inzwischen größtenteils von den sogenannten Syrischen Demokratischen Kräften (SDF) kontrolliert, die von Kurdenmilizen angeführt werden. 

(dpa)