Berlin. Es scheint eine „Mission Impossible“: ein Wahlsieg von Olaf Scholz (SPD). Der Kanzler hat eine Strategie – die hat jedoch Schwächen.

Am 23. Februar finden nicht nur die vorgezogenen Bundestagswahlen statt. An dem Sonntag in drei Monaten hat auch Britta Ernst Geburtstag, die Ehefrau von Olaf Scholz. „Es muss also gutgehen“, scherzte Scholz am Freitag. Einen erneuten Wahlsieg würde der Kanzler seiner Gattin am liebsten zum 64. schenken. Der ist allerdings nicht so leicht zu besorgen. Scholz und die Wahlkampfspezialisten der SPD haben jedoch eine Strategie entworfen, um das Ziel zu erreichen.

Scholz‘ wichtigste Regel: An sich selbst glauben

Scholz muss auf die Union und ihren Kanzlerkandidaten Friedrich Merz je nach aktueller Umfrage 15 bis 20 Prozentpunkte aufholen, um die Wahl zu gewinnen. Das scheint eine „Mission Impossible“, eine unmögliche Mission. Allerdings: 2021 war Scholz eine ähnliche Aufholjagd gelungen. Scholz hatte damals fest daran geglaubt und tut es diesmal wieder. Sonst hätte er nicht darauf beharrt, anstatt dem in der Bevölkerung weitaus beliebteren Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kanzlerkandidat ins Rennen zu gehen.

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Sein Problem ist allerdings: Der felsenfeste Glaube an Olaf Scholz ist vor allem eine Eigenschaft von Olaf Scholz. Die vergangenen Tage und der in Teilen der SPD offen ausgesprochene Wunsch nach einer Kanzlerkandidatur von Pistorius haben deutlich gemacht, dass sich viele in der Partei damit schwertun. Will Scholz gewinnen, muss er jetzt erst einmal die Genossen schnell auf seine Seite bringen.

Die vorgezogene Bundestagswahl findet am Geburtstag seiner Frau statt – Olaf Scholz sagt daher: „Es muss also gutgehen.“
Die vorgezogene Bundestagswahl findet am Geburtstag seiner Frau statt – Olaf Scholz sagt daher: „Es muss also gutgehen.“ © AFP | Tobias Schwarz

Wichtig für den Wahlkampf: Cool bleiben

Der Hauptgegner von Olaf Scholz ist angesichts der Umfragen Friedrich Merz, auf den CDU-Chef richtet die SPD den Wahlkampf aus. Scholz hatte kürzlich bereits mitgeteilt, er finde sich „etwas cooler“, wenn es um Staatsangelegenheiten gehe. Cool bleiben will der Kanzler auch im Wahlkampf: keine Fehler machen, keine schädlichen Debatten anzetteln.

Bei CDU und CSU weiß man, dass Scholz mit seiner trockenen und stets bedachten Rhetorik den Menschen im Land zwar selten aus dem Herzen spricht oder sie sogar langweilt, ihm passieren aber auch keine Missgeschicke. Bei Merz können sich die Christdemokraten da nicht so sicher sein, auch wenn der letzte große Ausreißer des CDU-Vorsitzenden eine Weile zurückliegt. Wie schwer ein einziger Fehler wiegen kann, wissen CDU und CSU spätestens seit 2021 ein, als Kandidat Armin Laschet mit einem Lacher in einer unangemessen Situation seine Chance auf den Wahlsieg ruinierte.

Scholz will Merz angreifen

Ob internationale Politik, sozialer Zusammenhalt, Sicherung von Arbeitsplätzen, Regierungserfahrung oder charakterliche Eignung: Die Strategie der SPD basiert darauf, den Wählerinnen und Wählern in allen Bereichen Scholz im Gegensatz zu Merz als die bessere Wahl erscheinen zu lassen. Es ist die SPD-Version von Angela Merkels „Sie kennen mich“-Wahlkampf. Böse Zungen sagen jedoch: Das ist nach den drei Ampel-Jahren genau das Problem von Olaf Scholz.

Sitzung des Bundestags, Regierungserklärung Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
Bundeskanzler Olaf Scholz und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz: Die SPD hofft auf eine Duellsituation im Wahlkampf. © FUNKE Foto Services | Maurizio Gambarini

Es gibt allerdings eine aktuelle Umfrage, die Scholz Hoffnung machen kann. Vor die Wahl gestellt, sich zwischen Scholz und Merz als nächsten Bundeskanzler entscheiden zu müssen, sprachen sich im neuen ZDF-„Politbarometer“ 39 Prozent für Scholz aus. Das sind zwei Prozentpunkte mehr als im Oktober. Merz führt zwar mit einem Zuspruch von 44 Prozent, er hat aber vier Punkte verloren. Für Scholz heißt das: Die Richtung stimmt.

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Ein Problem bekommt Scholz allerdings, wenn die SPD in den Umfragen so weit von der Union entfernt bleiben sollte wie aktuell – oder die Sozialdemokraten sogar von den Grünen überholt werden. Dann geht die erhoffte Duellsituation zwischen Scholz und Merz nicht mehr auf. Vielmehr müsste Scholz sogar darum kämpfen, im Mitte-Links-Lage den Führungsanspruch gegen den Grünen-Kandidaten Robert Habeck zu verteidigen.

Den Friedenskanzler geben

Die SPD hat bei den Landtagswahlen im September in Thüringen, Sachsen und Brandenburg gemerkt, wie sehr die Angst vor einer Eskalation des Konflikts mit Russland Teile der Bevölkerung umtreibt – und den Sozialdemokraten schaden kann. Scholz will im Wahlkampf einen Spagat machen: Einerseits wird er eine anhaltende Unterstützung der Ukraine versprechen, andererseits dafür eine klare Grenze ziehen.

Anders als Merz – und auch Habeck – schließt Scholz es kategorisch aus, die Ukraine mit dem deutschen Marschflugkörper Taurus auszurüsten. „Ich sage, das gibt es nur mit der SPD, dass in dieser schwierigen Frage Besonnenheit und klare Unterstützung der Ukraine zusammenkommen“, sagte Scholz am Freitag. So oder so ähnlich wird man diese Aussage jetzt oft von ihm hören. Kein Scholz-Auftritt wird mehr ohne das Wort „Besonnenheit“ auskommen.

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#1 Robert Habeck über Krieg, Frieden und Waffen

Meine schwerste Entscheidung

Ein Versprechen abgeben

Scholz tritt mit dem Versprechen an, dass es mit ihm keine „Entweder-oder-Politik“ geben soll: also zum Beispiel entweder die Ukraine unterstützen oder die Rente stabil halten. Der Sozialdemokrat hält es in diesen unsicheren Zeiten für Gift für den Zusammenhalt im Land, Gruppen gegeneinander auszuspielen.

Sobald also Merz die Höhe der Rente oder das Bürgergeld infrage stellen und im Gegenzug die Bestverdienenden in Schutz nehmen sollte, werden die SPD-Strategen ihn sofort deswegen attackieren. Scholz weiß natürlich, dass all dies Fragen der Finanzierung aufwirft. Er will deswegen an die Schuldenbremse ran – nicht radikal, Scholz fordert eine Reform. Das ist inzwischen auch konsensfähig im konservativen Lager, Merz sperrt sich bislang dagegen.