Washington. Der zukünftige Präsident will gegen illegale Einwanderer durchgreifen. Die Rede ist von einer monströsen Zahl. Aber es gibt viele Hürden.
„Am ersten Tag werde ich das größte Abschiebeprogramm in der amerikanischen Geschichte starten.” Dieser Satz von „president elect” Donald Trump steht wie ein Rammbock in der politischen Landschaft.
Die Rede ist von bis zu 20 Millionen Menschen – obwohl offizielle Zahlen des Heimatschutzministeriums und parteiunabhängiger Organisationen von maximal elf Millionen Menschen ausgehen, die zum überwiegenden Teil (sieben Millionen) geregelter Arbeit nachgehen, Steuern zahlen, in den USA geborene Kinder haben – aber keine ordentlichen Ausweispapiere, die ihnen einen legalen Aufenthaltsstatus bescheinigen.
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Je näher der Termin der Amtseinführung am 20. Januar rückt, desto größer wird die Verunsicherung, vor allem in der Latino-Community. Was an einem Detail liegt: Trump hat nie spezifiziert, auf welche Zielgruppen er vordringlich schaut.
Diese Menschen will Trump als Präsident aus den USA abschieben
Mittlerweile hat sein designierter „Grenz-Zar”, der frühere Grenzschutz-Direktor Tom Homan Hinweise gegeben, die auf eine entschieden kleinere Gruppe hindeuten könnten, die der 47. Präsident nicht mehr im Land haben will.
Danach sollen vorrangig Personen abgeschoben werden, die wegen eines Verbrechens angeklagt sind. Oder die ihre legalen Asyl-Möglichkeiten zum Verbleib in den USA ausgeschöpft haben. Laut Regierung beträfe dies zurzeit rund 1,4 Millionen Personen. Sie haben einen rechtskräftigen Abschiebungsbescheid, verweigern aber die Ausreise. Nur ein geringer Teil davon ist laut Heimatschutzministerium straffällig geworden.
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Trump will gegen sie den archaischen „Alien Enemies Act“ anwenden, ein 226 Jahre altes Gesetz, das zuletzt während des Zweiten Weltkriegs für die Internierung von Menschen japanischer, deutscher und italienischer Abstammung genutzt wurde. Trump fordert im Übrigen die Todesstrafe für Migranten, die US-Bürger oder Vollzugsbeamte töten.
Abschiebungen im großen Stil hätten Auswirkungen auf die Wirtschaft
Größtes Problem seines Vorhabens: die Kosten. Der „American Immigration Council” (AIC) hat kalkuliert, dass bei einer längerfristigen Massenabschiebung, die auf etwa eine Million Menschen pro Jahr abzielt, die Kosten im Durchschnitt rund 90 Milliarden Dollar pro Jahr betragen würden. Knapp eine Billion Dollar also binnen eines Jahrzehnts. Trump ist dazu bereit. In einem Interview mit dem Sender NBC sagte er, die Aktion habe „kein Preisschild“.
Ökonomen sind am meisten besorgt über die wirtschaftlichen Auswirkungen. Sollten die Massenabschiebungen nicht nur auf Kriminelle und Ausreisepflichtige abzielen, könnten bis zu einer Million schwer zu besetzende Stellen in Branchen mit hohem Migrantenanteil (Lagerhäuser, Industrie, Landwirtschaft, Bau) entstehen und die Wirtschaft bremsen.
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Zu den Folgen eines begrenzten Arbeitskräfteangebots gehören steigende Preise, Versorgungsprobleme und eingeschränkter Zugang zu Waren und Dienstleistungen. Nan Wu vom AIC prognostiziert: „Massenabschiebungen würden den anhaltenden Arbeitskräftemangel in den USA verschärfen, vor allem in Branchen, die in hohem Maße auf undokumentierte Einwanderer angewiesen sind.“
Etwa die Bau-Industrie. 15 Prozent der Kräfte in dieser Branche sind Undokumentierte. Die Ausweisung vieler Arbeiter würde die Baukosten in die Höhe treiben und zu Verzögerungen bei der Fertigstellung neuer Häuser führen.
Ähnlich wäre das Bild in der Landwirtschaft. Hier sind nach Zahlen des zuständigen Ministeriums rund 40 Prozent der Arbeitskräfte Illegale; Kalifornien mit seiner großen Obst-Industrie liegt sogar darüber. Der Verlust von Landarbeitern, die Lebensmittel anbauen, ernten und verpacken, würde die Lebensmittelpreise enorm in die Höhe treiben. Wirtschaftsinstitute schätzen, dass das Bruttoinlandsprodukt der USA um bis zu zwei Billionen Dollar schrumpfen würde, wenn Trump seine Pläne komplett durchsetzt.
Massenabschiebungen: Hier würde Trump Gegenwind bekommen
Trump will zudem Joe Bidens humanitäre „Bewährungs“-Programme beenden, die es Hunderttausenden von Migranten ermöglicht haben, legal einzureisen und eine Arbeitserlaubnis zu erhalten. Zu den Programmen gehören eine Initiative für bestimmte Migranten mit US-Sponsoren und eine weitere, die es Migranten in Mexiko ermöglicht, über eine Smartphone-App Termine zum Einrichten des Asylgesuchs an der Grenze zu vereinbaren.
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Klar ist, dass Trumps aggressive Agenda von demokratisch regierten Bundesstaaten wie Kalifornien, Oregon und Washington State an der Westküste sowie New York, Massachusetts oder Vermont im Osten angefochten wird.
Auch Menschenrechtsorganisationen wie die „American Civil Liberties Union“ bereiten sich mit Dutzenden Anwälten auf den Klageweg vor. Sie betonen, dass derzeit die Asylverfahren von rund 3,8 Millionen Einwanderern „sin papeles” (ohne Dokumente) in der Schwebe hängen. In dieser Zeit dürfen sie nicht abgeschoben werden. Wird ihr Asylgesuch abgelehnt, können sie in Berufung gehen. Auch hier besteht Abschiebeschutz.
Da die Verfahren wegen Überlastung der Justiz – etliche Richter haben 20.000 Fälle und mehr in Verwahrung – leicht bis zu acht Jahre und länger dauern können, „werden groß angelegte Deportationspläne fast zwangsläufig scheitern“, sagen Experten im Heimatschutzministerium.
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Vor allem „Sanctuary Cities“ (Schutzstädte) wie San Francisco, Los Angeles, New York City, Washington DC und Chicago, die mit der Grenzschutzpolizei ICE nicht kooperieren, haben Widerstand angekündigt. Obwohl Trump damit droht, ihnen Bundesgelder zu streichen, wenn sie sich weigern.
Trump sagt, Abschiebung würden „eine blutige Geschichte“
Ein Zankapfel wird die von Trump geforderte Einschaltung lokaler Polizeien, des FBI sowie der Nationalgarde sein. Demokratisch regierte Bundesstaaten, etwa Arizona, wollen nicht hinnehmen, dass Trump ab Ende Januar die Grenze komplett dichtmachen lassen und 10.000 zusätzliche Grenzschutzbeamte einsetzen will.
Dass Trump den nationalen Notstand ausrufen will, um Mittel für die Wiederaufnahme des Baus seiner 2020 zu den Akten gelegten Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bekommen, wird ebenfalls argwöhnisch betrachtet. Trump hat zudem angekündigt, dass er sein 2019 eingeführtes „Bleib in Mexiko“-Programm reaktivieren will. Es zwingt Asylsuchende bestimmter Nationalitäten dazu, bis zur Klärung ihres Falls in Mexiko zu bleiben. Trump will außerdem die automatische Staatsbürgerschaft für Kinder von illegal in den USA lebenden Einwanderern abschaffen. Eine solche Maßnahme würde gegen die seit Langem geltende Auslegung eines Zusatzes zur US-Verfassung verstoßen und würde wahrscheinlich rechtliche Anfechtungen auslösen.
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Wie Trumps Mega-Plan in der Realisierungsphase bei den Amerikanern ankommen wird, ist offen. Vor-Wahl-Umfragen ergaben, dass 40 Prozent der Wähler für die Abschiebung von Illegalen sind. Während 56 Prozent sagten, man solle diesen Menschen nachträglich die Möglichkeit geben, einen legalen Status zu beantragen.
Anders als Joe Biden zielt Trump auch auf unbescholtene Migrantenfamilien. Bei einer Kundgebung in Wisconsin sagte er im September, dass die Abschiebung „eine blutige Geschichte“ werde.