Hamburg. Senat fordert Bürger zu anderem Umgang mit Altpapier auf. Das Müllaufkommen sinkt – doch an zehn Standorten sieht es übel aus.
In der Hochphase der Corona-Pandemie war neben vielen anderen Besonderheiten im Hamburger Stadtbild vor allem ein Phänomen zu beobachten: Überall vor den Depotcontainern und bisweilen auch an Straßenrändern oder in Grünanlagen türmte und stapelte sich der Müll. Das hatte mehrere Ursachen: durch die Verlagerung der Gastronomie auf To-Go Angebote, viele Bestellungen bei Lieferservices und vermehrt Picknicke und Spaziergänge im Park fiel eine Menge Verpackungsmüll an.
Außerdem nutzten anscheinend viele Menschen die Zeit zum Aufräumen und Ausmisten ihres Eigenheims. Deshalb waren in den Jahren 2020 und 2021 überdurchschnittlich große Mengen an Müll in Hamburg angefallen, wie die Stadtreinigung Hamburg (SRH) angibt. Das Müllaufkommen war dabei in allen Bereichen gestiegen, nämlich Restmüll, Plastik, Biomüll, Altglas und Altpapier. Auch die Recyclinghöfe registrierten eine verstärkte Abfallabgabe. Hier stieg die Menge der Abfälle aus Privathaushalten von 97.462 Tonnen auf 105.664 Tonnen im Jahr 2020 an.
Müllabfuhr Hamburg: Corona sorgte für Rekorde
Seit dem Ende der Pandemie ist diese Entwicklung rückläufig.
- Beim Altpapier sank das Müllaufkommen von 95.000 Tonnen im Jahr auf 86.600 im Jahr 2022,
- beim Altglas im selben Zeitraum von 28.900 auf 27.300 Tonnen,
- beim Bioabfall von 76.600 auf 71.000 Tonnen
- und beim Grünabfall von 25.900 auf 22.000 Tonnen.
- Das Aufkommen der in gelben Säcken oder Tonnen entsorgten Wertstoffe sank von 42.800 auf 41.800 Tonnen.
- Die größten Mengen fallen nach wie vor beim Restmüll an. Aber auch diese gingen zuletzt zurück: Von 442.700 im Jahr 2020 auf 421.700 im vergangenen Jahr.
Das zeigt auch die Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Anke Frieling. Fielen demnach im ersten Pandemiejahr 2020 noch insgesamt 711.900 Tonnen Müll an, so waren es 2021 noch 708.6000 und im vergangenen Jahr nur noch 670.400 Tonnen.
Stadtreinigung Hamburg: Zwischenzeitlich weniger Depotcontainer
Im ersten Halbjahr 2023 liefen bei der Stadtreinigung nur noch 331.300 Tonnen auf, was aufs Gesamtjahr hochgerechnet erneut einen leichten Rückgang gegenüber dem Vorjahr ergeben könnte. Vereinzelt konnte die Hamburger Stadtreinigung deshalb sogar die Menge der aufgestellten Depotcontainer reduzieren.
Trotz des Rückgangs bei den Mengen gibt es nach wie vor Probleme mit der Entsorgung – etwa rund um die Depotcontainer. Obwohl die Stadtreinigung mehr Altpapiercontainer aufstellte, findet sich rund um diese bis heute immer Müll, der nicht ordnungsgemäß in die Behälter entsorgt, sondern daneben geworfen wurde. Das räumt auch der Senat in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage ein – und sieht die Verantwortung dafür nicht bei der Stadtreinigung, sondern bei den Hamburgerinnen und Hamburgern.
Müll in Hamburg: Bürger sollen Kartons falten
„Einige Bürgerinnen und Bürger zerlegen ihre Kartonagen nicht, bevor sie sie in die Depotcontainer einwerfen“, heißt es in der Senatsantwort. „Dadurch werden die Depotcontainer für Altpapier trotz des ausreichenden Volumens schneller voll. Zudem stellt die SRH häufig Beistellungen fest, auch wenn die Depotcontainer nicht voll sind.“
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Die meisten, nämlich 307 Beschwerden, hat es zwischen Januar 2019 und Juli 2023 laut Senat über neben den Container entsorgten Müll am Standort Alsterdorfer Straße gegeben. Es folgen Rissener Landstraße (287), Hofweg (283), Goebenstraße (259), Bernadottestraße (258), Curschmannstraße (251), Dorotheenstraße (248), Eppendorfer Weg (244), Stellinger Weg (224) und Holsteinischer Kamp (223).
Müll Hamburg: WasteWatcher schreiben Anzeigen wegen Vermüllung
Insgesamt aber scheint sich die Lage auch an den Depotcontainern nach Ende der Pandemie wieder zu entspannen. Die Zahl der Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen neben oder auf den Containern abgelegten Mülls ist jedenfalls zuletzt deutlich gesunken. Schrieben die mobilen WasteWatcher im Jahr 2020 noch 6274 solcher Anzeigen, so waren es 2021 noch 5657 und im vergangenen Jahr nur noch 1668.
Allerdings scheint sich die Situation im laufenden Jahr wieder etwas zu verschärfen. Denn allein bis Ende Juli 2023 gab es bereits 1602 Anzeigen – also fast so viel wie im gesamten Jahr 2022.
Stadtreinigung: Müllaufkommen in Hamburg geht zurück
Trotz des zurückgehenden Müllaufkommens hatten die Gesamtkosten für die Hamburger Stadtreinigung im Jahr 2022 über dem Niveau der Vorjahre gelegen. Von 2010 bis 2021 waren die Kosten jährlich im Durchschnitt um 2,1 Prozent gestiegen. 2022 verzeichnete die Stadtreinigung Hamburg dagegen einen Anstieg von 9,4 Prozent im Vergleich zu 2021. Dieser Anstieg sei vor allem auf gestiegene Preise bei den Anlagegütern, Fremdleistungen und Kraftstoffkosten zurückzuführen.
Ursache für den Rückgang des Müllaufkommens sieht die Stadtreinigung neben dem Ende der Corona-Pandemie auch in der Konsumzurückhaltung der Bürgerinnen und Bürger aufgrund der hohen Inflationsrate und der gestiegenen Energiepreise. Diese Entwicklung könne sich fortsetzen. Denn Lieferdienste müssten Mehrweg anbieten, das Pfandsystem werde ausgeweitet generell sei weniger Papier im Umlauf. Das alles mindere langfristig das Müllaufkommen.