Hamburg. Bei einer bundesweiten ADFC-Befragung schneidet Hamburg im Vergleich mit anderen deutschen Städten nicht gut ab. Doch es gibt auch Lob.
Kaum etwas hat der grüne Verkehrssenator Anjes Tjarks in den vergangenen Jahren so oft und intensiv betont wie sein Ziel, Hamburg zu einer Fahrradstadt zu machen. Besonders weit ist er allerdings bei diesem Vorhaben bisher nicht gekommen – zumindest nicht in den Augen von Radfahrerinnen und Radfahrern.
Das jedenfalls muss man wohl aus den Ergebnissen einer bundesweiten Befragung schließen, die der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) am Montag in Hamburg vorgestellt hat. Nach diesem ADFC-Fahrradklima-Test hat sich Hamburg zwar im Vergleich zum Vorjahr minimal von Platz sieben auf Platz sechs in der Gruppe der Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern verbessert. Gleichwohl kommt die Stadt nach Einschätzung der in Hamburg laut ADFC befragten rund 4200 Radler über die Schulnote 3,98 (also: „ausreichend“) nicht hinaus.
ADFC-Test: Radfahrer empfinden Verkehr in Hamburg als gefährlich
„Hamburg erzielt nur marginale Fortschritte im Klimatest und bleibt im grauen Mittelfeld der deutschen Großstädte“, sagt Tom Jakobi, im ADFC-Vorstand für Verkehrspolitik zuständig. „Bei Infrastruktur und Verkehrssicherheit schneidet die Stadt besonders schlecht ab.“
In Hamburg empfinden laut ADFC-Befragung satte 77 Prozent der Befragten das Radfahren als gefährlich – nur wenigen macht es überwiegend Spaß. Zum Vergleich: In Bremen, dem Sieger des Fahrradklima-Tests, macht es laut ADFC auch dank vieler Fahrradstraßen 66 Prozent der Teilnehmer Spaß, mit dem Rad zu fahren.
Was Radfahrende in Hamburg loben und was sie bemängeln
Es gab aber in bestimmten Bereichen auch Lob für die Hamburger Radfahrpolitik. So hoben die Befragten als besonders positiv das gute Fahrradleihsystem hervor (Note hierfür 2,0), außerdem die für den Radverkehr auch in Gegenrichtung geöffneten Einbahnstraßen (Note 2,3) und die Erreichbarkeit des Stadtzentrums (2,8). Im Vergleich zu anderen Städten wurde zudem die einfache Fahrradmitnahme beim HVV gelobt, ebenso wie die Förderung des Radfahrens in der jüngeren Zeit.
Als besonders negativ empfanden die vom ADFC befragten Hamburgerinnen und Hamburger die aus ihrer Sicht ungenügende Kontrolle von Falschparkern, die hohe Zahl von Fahrraddiebstählen und die nur geringe Breite von Radwegen (alles Note 4,9). Im Vergleich zu anderen Städten schnitt Hamburg zudem bei der Oberfläche der Radwege und der „Wegweisung für Radfahrer“ besonders schlecht ab.
ADFC: „Hamburg ist graues Mittelmaß, die Bedingungen müssen besser werden“
„Hamburgs Radverkehrsbedingungen müssen in der Fläche besser werden“, forderte die ADFC-Landesvorsitzende Samina Mir. Denn in der Wahrnehmung der Menschen, die in Hamburg mit dem Fahrrad unterwegs seien, hätten die bisherigen Veränderungen in der Stadt offenbar „noch nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Situation“ geführt.
Hinzu komme, dass „die Zahl der Radfahrenden viel dynamischer als die Verbesserungen bei Infrastruktur, Sicherheit und Service wächst“. Fazit des ADFC: „Mit dieser Verkehrswende im Schneckentempo schafft Hamburg seine Klimaziele nicht.“
Im bundesweiten Vergleich der großen Städte liegt Bremen mit der Note 3,57 auf Platz 1, es folgen Frankfurt am Main (3,61), Hannover (3,63), Leipzig (3,84), München (3,89) und Hamburg (3,98). Auf dem letzten Platz der Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern landete Essen (4,28), Vorletzter wurde Dortmund (4,27), Drittletzter Köln (4,24). Allerdings hat Köln zuletzt von den großen Städten laut ADFC die beste Entwicklung genommen und hole derzeit massiv auf.
Radfahren: Das sind die Städte mit den besten Bedingungen in Deutschland
Bei den Städten zwischen 200.000 und 500.000 Einwohnern liegt Münster auf Platz 1 (Note 3,04); bei den Städten von 100.000 bis 200.000 Einwohnern hat Erlangen am besten abgeschnitten, bei 50.000 bis 100.000 Einwohnern Nordhorn, bei 20.000 bis 50.000 Baunatal und bei den kleinen Städten bis 20.000 Einwohnern Wettringen.
Eines immerhin kann sich die Hamburger Politik zugutehalten: Insgesamt zeigt der Trend bei der Radverkehrspolitik nach Ansicht der ADFC-Befragten seit einigen Jahren in die richtige Richtung. 2012 bekam das Radfahren in Hamburg noch die Note 4,4. Seither hat sich die Bewertung für das Radfahren in der Hansestadt langsam, aber stetig verbessert – während diese im Durchschnitt aller großen Städte in Deutschland stagnierte oder sich sogar minimal verschlechterte.
Radverkehr: ADFC-Test ist „Teil einer der größten Befragungen weltweit“
Der Fahrradklima-Test ist laut ADFC „eine der größten Befragungen zur Zufriedenheit der Radfahrenden weltweit“. Er wird demnach vom Fahrrad-Club ADFC alle zwei Jahre mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt und fand 2022 zum zehnten Mal statt.
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In Hamburg haben rund 4200 Radfahrerinnen und Radfahrer bei diesem Durchgang abgestimmt. Bei den 27 Fragen ging es zum Beispiel darum, ob man sich auf dem Rad sicher fühlt, wie gut die Radwege sind und wie viel die Stadt für die Fahrradförderung tut.
Die Ergebnisse des Tests haben laut ADFC „durch die breite Bürgerbeteiligung hohe Aussagekraft und können dabei helfen, das Angebot für Radfahrende gezielt zu verbessern“.