Hamburg. Dass die Firma, gegen die wegen Betrugs ermittelt wird, den Auftrag bekam, sei auch der Eile geschuldet. Linke: “verheerendes Signal“
Wie kam es zur Auftragsvergabe beim Aufbau des Hamburger Impfzentrums an ein Unternehmen, gegen das wegen Abrechnungsbetrug ermittelt wird? Laut seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken, die dem Abendblatt vorliegt, sieht der Senat die Verantwortung für den Auftrag an die Alanta Health Group bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg.
Im Dezember 2019 hatte es eine große Durchsuchungsaktion mit 480 Polizisten bei Alanta und an weiteren Orten gegeben. Rund 1000 Kartons an Unterlagen waren beschlagnahmt worden. Gegen 14 Personen bestand der Verdacht, dass in einer gemeinschaftlichen Aktion Apotheker durch das Gewähren von Vorteilen oder Geschenken mehrere Ärzte an sich gebunden haben sollen. Diese Ärzte wiederum sollten im Austausch dafür bei den Apothekern und beschuldigten Unternehmen Rezepte für hochpreisige Krebsmedikamente einlösen.
Impfzentrum: Ermittlungen gegen Alanta laufen weiter
Laut der aktuellen Senatsantwort, die dem Abendblatt vorliegt, laufen die Ermittlungen noch immer. "Die Sichtung der umfangreich sichergestellten Beweismittel dauert derzeit noch an. Hieran wird sich sodann die Auswertung der ermittlungsrelevanten Beweismittel anschließen", schreibt der Senat. "Bisher wurde das Verfahren gegen keinen der Beschuldigten mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt." Das Ermittlungsverfahren werde bei der Staatsanwaltschaft in der Abteilung für Korruptionsdelikte geführt.
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Auftrag an Alanta: "Einzelfallentscheidung" liegt bei KVHH
Auf die detaillierten Fragen Celiks, wie und warum ein Unternehmen, gegen das solche Ermittlungen laufen, mit der Organisation des Impfzentrums beauftragt wurde, teilt der Senat in seiner Antwort u.a. mit: "Binnen weniger Wochen waren umfangreiche konzeptionelle und organisatorische Planungsleistungen umzusetzen. Der Senat hat zu diesem Zweck die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KVHH) mit Aufbau und ärztlichem Betrieb des Impfzentrums für die Freie und Hansestadt Hamburg beauftragt.
In Anbetracht der hohen Komplexität der zu planenden Abläufe, der großen Dringlichkeit und des hohen Zeitdruckes war es der KVHH freigestellt, zur Aufgabenerfüllung auch weitere Dienstleister einzubinden. Hinsichtlich des Gesamterfüllungsstandes steht die KVHH in einem regelmäßigen Austausch mit der zuständigen Behörde. Dieser umfasst Absprachen über grundsätzliche Abläufe und Verfahren, nicht jedoch Einzelfallentscheidungen, etwa über die Einbindung von Subdienstleistern."
Zur konkreten Aufgabe von Alanta schreibt der Senat: "Die Alanta Health Group berät und unterstützt in organisatorischer Hinsicht bei Konzeptionierung und Aufbau des Impfzentrums."
Linke spricht von "verheerendem Signal"
Für Linken-Gesundheitspolitiker Deniz Celik ist das nicht akzeptabel. „Die operative Leitung des Impfzentrums hat eine außerordentliche Bedeutung für die Impfstrategie. Daher ist es ein verheerendes Signal, wenn der Senat zu der Auftragsvergabe an ein fragwürdiges Unternehmen gegen welches der Staatsanwaltschaft ermittelt, keine Stellung bezieht und Fragen von hohem öffentlichen Interesse unbeantwortet lässt", sagte Celik dem Abendblatt.
"Diese Intransparenz schafft großes Mißtrauen. Zudem ist es inakzeptabel, wenn der Senat stümperhaft versucht mit dem Verweis auf die KV sich aus der Verantwortung zu stehlen. Der ganze Vorgang ist ein schwerer Fehler und der Senat trägt die politische Verantwortung für ein drohenden Vertrauensverlust in die Impfstrategie der Stadt“.