Brüssel/Berlin. Massive Aufrüstung in Europa und der Welt, nicht nur wegen des Ukraine-Kriegs. Welche Länder vorn liegen, warum ein Report warnt.

Europa und große Teilen der Welt rüsten immer schneller auf: Im vergangenen Jahr stiegen die Ausgaben für Militär weltweit um 6,8 Prozent auf ein Rekordniveau von 2,44 Billionen Dollar (2,28 Billionen Euro). Das berichtet das Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri in einem neuen Report, der am Montag veröffentlicht wird und unserer Redaktion vorliegt. Grund sind vor allem der Ukraine-Krieg, der Nahost-Konflikt und eskalierende Spannungen in Asien, weshalb der Trend jetzt erstmals seit Langem alle fünf großen Weltregionen erfasst.

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„Der beispiellose Anstieg der Militärausgaben ist eine direkte Antwort auf die globale Bedrohung von Frieden und Sicherheit“, sagte Sipri-Forscher Nan Tian. Sipri verbindet das mit einer düsteren Prognose: Mit dem Vorrang für ihre militärische Stärke riskierten die beteiligten Staaten ähnliche Reaktionen anderer Staaten – also eine Rüstungsspirale.

Höchste Ausgaben für Militär: USA auf Platz 1

Die mit Abstand größte Militärmacht bleiben die USA mit Ausgaben von 916 Milliarden Dollar (858 Milliarden Euro), was 37 Prozent der Aufwendungen weltweit entspricht. Es folgt China mit einem globalen Anteil von 12 Prozent; allerdings fehlen hier verlässliche Daten, Sipri schätzt die Ausgaben Pekings auf knapp 300 Milliarden Dollar, das wäre die Hälfte aller Militäraufwendungen Asiens. Die Forscher betonen mit erkennbarer Besorgnis auch, dass China nun seit 29 Jahren ununterbrochen seine militärischen Investitionen steigert. Auf den weiteren Plätzen liegen Russland, Indien und Saudi-Arabien. Alle fünf zusammen vereinen 61 Prozent der gesamten globalen Aufwendungen für Verteidigung.

Aber auch Deutschland spielt eine bedeutende Rolle: Mit umgerechnet 62,6 Milliarden Euro an Militärausgaben (plus 9 Prozent innerhalb eines Jahres) liegt Deutschland auf Platz sieben im globalen Ranking, ein Spitzenplatz auf dem europäischen Kontinent – noch vor der Ukraine und der Atommacht Frankreich. Eingerechnet sind bei Deutschland wie anderen westlichen Staaten auch die Militärhilfen für die Ukraine. Russland steigerte laut Sipri-Bericht innerhalb eines Jahres seine Ausgaben um ein Viertel auf umgerechnet 102 Milliarden Euro, was fast sechs Prozent der Wirtschaftsleistung entspricht.

Russland hat seine Militärausgaben vor allem wegen des Ukraine-Kriegs massiv erhöht. Hier besucht der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (2.v.r) die Werkshalle einer Fabrik für Panzer und Flammenwerfersysteme in der Region Omsk.
Russland hat seine Militärausgaben vor allem wegen des Ukraine-Kriegs massiv erhöht. Hier besucht der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (2.v.r) die Werkshalle einer Fabrik für Panzer und Flammenwerfersysteme in der Region Omsk. © DPA Images | Uncredited

Die Ukraine steckte 51 Prozent mehr Geld in ihre Armee als im Jahr zuvor. Die etwa 60 Milliarden Euro für das ukrainische Militär bleiben zwar weit hinter den Aufwendungen des Angreifers Russland zurück – doch wenn man die westliche Militärhilfe von etwa 33 Milliarden Euro einrechnet, erreichte die Ukraine voriges Jahr immerhin 91 Prozent des russischen Ausgabeniveaus.

Europäische Rüstungsimporte wegen Ukraine-Krieg fast verdoppelt
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    Insgesamt rechnet Sipri für Mittel- und Westeuropa mit einem Plus der Militärausgaben von zehn Prozent innerhalb eines Jahres, in Osteuropa sogar von 31 Prozent. Die Ausgaben liegen damit inzwischen wieder auf einem Niveau wie zum Ende des Kalten Krieges in den 80er Jahren.

    USA: Bemerkenswerter Schwenk bei den Militärinvestitionen

    Aber auch im Nahen Osten dreht sich die Rüstungsspirale mit einem Plus von 9 Prozent schneller: Israel steigerte seine Transfers in den Verteidigungssektor binnen eines Jahres sogar um 24 Prozent auf 25,3 Milliarden Euro, wobei die Offensive im Gazastreifen nach dem Terrorangriff der Hamas schon eingerechnet ist. „Der große Anstieg der Militärausgaben im Nahen Osten spiegelt die schnelle Veränderung der Lage wider“, sagte Sipri-Forscher Diego Lopes da Silva. „Der Verbesserung diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten folgt der Ausbruch des Kriegs im Gazastreifen und die Furcht vor einer regionalen Ausweitung des Konflikts.“

    Verpackte Bundeswehr-Panzer vom Typ Leopard 1 stehen auf dem Truppenübungsplatz Klietz für den Transport in die Ukraine bereit.
    Verpackte Bundeswehr-Panzer vom Typ Leopard 1 stehen auf dem Truppenübungsplatz Klietz für den Transport in die Ukraine bereit. © DPA Images | Klaus-Dietmar Gabbert

    Für die USA notieren die Forscher einen bemerkenswerten Schwenk bei den Militärinvestitionen – eine Ausweitung von Forschung und Entwicklung: Das sei Folge einer veränderten Strategieausrichtung, weg von Einsätzen gegen unterlegene Gegner hin zu potenziellen Konflikten mit Staaten, die über fortschrittliche Militärfähigkeiten verfügten – also am ehesten China und Russland. China wiederum zielt mit den steigenden Investitionen vor allem auf eine größere Kampfbereitschaft seiner Armee. „Das veranlasst Länder wie Japan und Taiwan, ihre militärischen Fähigkeiten deutlich auszubauen“, sagt Xiao Liang, Ko-Autor der Sipri-Studie. Dieser Trend werde sich in den nächsten Jahren noch beschleunigen.