Berlin. Sie sind die Wächter des Regimes, haben sich zum Staat im Staat entwickelt und sind sehr vermögend. Woher das Geld kommt? Rätselhaft.

Die Revolutionswächter spielen im Iran und im Nahen Osten eine Schlüsselrolle. Was tun sie, und welche Bereiche der Wirtschaft kontrollieren sie? Ein Überblick.

Wer sind die iranischen Revolutionsgarden?

Die Revolutionsgarden sind die Schutztruppe des Regimes nach innen und außen. Sie wurden von Ajatollah Ruhollah Chomeini nach der Islamischen Revolution 1979 gegründet. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, einen Putsch zu verhindern und die Interessen der Mullahs durch ein militärisches Netzwerk im Ausland zu vertreten. Die Revolutionswächter unterstehen nur dem Staatsoberhaupt Ali Chamenei und haben gegenüber der Regierung keine Rechenschaftspflicht.

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Die Garden entwickelten sich zu einer rund 190.000 Soldaten zählenden Parallelarmee mit eigenen Boden-, Luft- und Seestreitkräften. Das iranische Atom- und das ebenso umstrittene Raketenprogramm laufen unter ihrer Regie. Die Revolutionswächter finanzieren den Unterdrückungsapparat im Inneren und Irans Stellvertreter im Kampf gegen Israel, darunter die islamistische Hamas im Gazastreifen.

Der Auslandsarm, die Al-Quds-Brigaden, koordiniert ein Netzwerk von schiitischen Milizen im Libanon, im Irak, in Syrien und im Jemen. Einige Experten sprechen nicht mehr von einer Theokratie der schiitischen Geistlichen, sondern von einem Militärstaat, der von den Revolutionsgarden regiert wird.

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Wie dicht sind die Revolutionsgarden mit Irans Wirtschaft verwoben?

Extrem stark. Die Revolutionswächter sind der größte Unternehmer des Landes. Sie unterliegen keiner Steuerpflicht und zahlen bei der Einfuhr keine Zollgebühren. Sie besitzen quer durch alle Branchen eine Vielzahl von Unternehmen und Holdings oder sind an diesen beteiligt. Ihre wirtschaftliche Macht begann nach dem Tode von Revolutionsführer Chomeini 1989.

Beschützer des Regimes: Der iranische Präsident Ebrahim Raisi (3. v. l.) beim Besuch der Revolutionsgarden in  Bandar Abbas im Süden des Iran.
Beschützer des Regimes: Der iranische Präsident Ebrahim Raisi (3. v. l.) beim Besuch der Revolutionsgarden in Bandar Abbas im Süden des Iran. © AFP | -

„Der Privatisierungsprozess startete unter Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani und wurde durch seine Nachfolger Mohammed Chatami und Mahmud Ahmadinedschad fortgesetzt. Die Revolutionsgarden wurden so zum Kontrolleur vieler Staatsunternehmen, die in halbstaatlichen oder privaten Besitz kamen“, sagte der Iran-Spezialist Luciano Zaccara von der Qatar University in Doha unserer Redaktion. „Darüber hinaus nutzen sie einen informellen Mechanismus, wonach sie mit einem gewissen Prozentsatz an fast jedem internationalen Deal privater Geschäftsleute beteiligt sind.“

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Wegen der mangelnden Transparenz ist das ökonomische Gewicht der Garden nur schwer einzuschätzen. Iran-Experten taxieren ihren Anteil am Bruttosozialprodukt auf 15 bis 65 Prozent. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt über rund 350 Milliarden Dollar im Jahr 2022 wären das 53 bis 228 Milliarden Dollar.

In welchen Wirtschaftszweigen sind die Revolutionswächter aktiv?

Die Garden durchdringen wie ein Krake die gesamte iranische Volkswirtschaft. Sie besitzen auch das mutmaßlich größte Unternehmen im Land, den Mischkonzern Khatam al-Anbiya, deutsch: „Das Siegel des Propheten“. Dessen Anfänge reichen in die Zeit des Iran-Irak-Krieges 1980 bis 1988 zurück. Damals baute der Betrieb Brücken, Straßen, Landebahnen für Kampfjets und Kasernen.

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    Heute ist Khatam al-Anbiya ein Firmenkoloss mit vielen Geschäftsfeldern und Tochterfirmen. Sie umfassen Baugewerbe, Bankenwesen, Öl- und Gasindustrie, Eisenbahnen, Straßen, Metros, Landwirtschaft, Nahrungsmittel, Schwerindustrie sowie Waffen einschließlich Drohnen und Raketen. Der Konzern beschäftigt mehrere Zehntausend Iranerinnen und Iraner und erwirtschaftet einen Milliardenumsatz. „Auftraggeber sind vor allem die Ministerien für Energie, Öl, Straßenbau und Transport sowie Verteidigung“, betont Iran-Experte Zaccara.

    Weitere große Unternehmen, die die Revolutionswächter kontrollieren, sind der Schiffsbauer Sadra, die Baufirma Shahid Rajaee Group, die Bank Ansar. Die Mehrheit bei der Telekommunikationsfirma Etemad Mobin sichert den Revolutionsgarden die Kontrolle über das nationale Festnetz, zwei Mobilfunkgesellschaften und alle iranischen Internet-Provider. Darüber hinaus steht die nationale Nachrichtenagentur Fars News Agency (FNA) unter ihrem Einfluss. Sie überwacht zudem eine Vielzahl von religiösen Stiftungen.

    Wer sind die reichsten Revolutionsgardisten?

    Der zweite große Pfeiler des Wirtschaftsimperiums ist die genossenschaftliche Stiftung der Revolutionsgarden. Hierbei handelt es sich um ein Konglomerat, das die Investments der Garden managt. Dabei weitete sich die Korruption im Laufe der Jahre immer weiter aus. „Die genossenschaftliche Stiftung dient den Revolutionswächtern als schwarze Kasse für ihre persönlichen und Geschäftsinteressen“, erklärte das Finanzministerium der USA.

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    Die wirtschaftlichen Aktivitäten der Revolutionsgarden sind kaum zu ermessen. „Sie benutzen Tarnfirmen und verschieben permanent das Vermögen alter Unternehmen, um neue zu schaffen“, schreibt der Iran-Experte Reza Parchizadeh in einer Analyse der Washingtoner Denkfabrik Gulf International Forum.

    Eine Liste der Top-Verdiener gibt es aufgrund der mafiösen Verflechtungen zwischen den Revolutionswächtern und der iranischen Wirtschaft nicht. „Es ist sehr schwer, das zu ermitteln. Ich habe nie vertrauenswürdige Informationen darüber gefunden“, räumt Iran-Experte Zaccara ein. Es darf vermutet werden, dass die Führungsspitze rund um Generalmajor Hussein Salami am meisten von den Einnahmen profitiert.

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