Bad Brückenau/Hamburg. Er sieht Lohnerhöhungen vor. Endgültiges Ergebnis soll Freitag vorliegen. Dann erst wird in Hamburg verhandelt.
Im zähen Tarifstreik der Kita-Erzieher und Sozialarbeiter ist ein Ende in Sicht. Am Dienstag haben die Schlichter das Ergebnis ihrer Verhandlungen präsentiert, die sie nach dem Scheitern der Gespräche zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeber Anfang Juni aufgenommen hatten. In einem „einvernehmlichen Schlichterspruch“ empfehlen der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) und der ehemalige hannoversche Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) Lohnerhöhungen in den einzelnen Berufsgruppen von 2,0 bis 4,5 Prozent.
Er hoffe, „dass wir das Thema Streik damit zu den Akten legen können“, sagte Milbradt. Beide Schlichter rieten den Tarifparteien, die Empfehlung anzunehmen. Sollten die Gewerkschaften und die Arbeitgeber dies tun, könnte der neue Tarifvertrag ab Juli 2015 und für fünf Jahre gelten.
Die Gewerkschaften hatten für die 240.000 Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst eine Lohnerhöhung von durchschnittlich zehn Prozent gefordert. Dennoch sprach Ver.di in einer ersten Bewertung des Schlichtungsergebnisses von einem „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“.
„Es wurden für alle Beschäftigtengruppen Verbesserungen erreicht“, so die Gewerkschaft. Die „generelle und überfällige Aufwertung des gesamten Berufsfeldes“ sei jedoch noch nicht erreicht und bleibe ein zentrales gesellschaftliches und tarifpolitisches Ziel.
Die Steigerungen in der größten Gruppe, den Erzieherinnen mit Grundtätigkeit, betragen durchschnittlich 3,3 Prozent. Für die Beschäftigten ergeben sich den Angaben nach Lohnsteigerungen zwischen 33 und 160 Euro. Auch für weitere Tätigkeitsfelder wie etwa Kinderpfleger, Kita-Leitungen oder Sozialarbeiter sieht der Schlichterspruch Verbesserungen vor.
„Die Arbeitgeber- und die Gewerkschaftsvertreter in der Kommission haben dem Schlichterspruch mehrheitlich zugestimmt“, betonte der kommunale Arbeitgeberverband VKA. Aller-dings sei das Gesamtvolumen des Schlichterspruchs für die kommunalen Arbeitgeber außerordentlich schwierig zu finanzieren, auch wenn es deutlich unter den Gewerkschaftsforderungen liege. Man habe dem Ergebnis aber zugestimmt, „um die Belastungen für die Kinder und ihre Eltern durch die Streiks endgültig zu beenden“, erklärte der Lüneburger Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD) als VKA-Mitglied in der Schlichtungskommission. Der VKA will den Schlichterspruch nun gemeinsam mit den Gewerkschaften bewerten. Wird der Schlichterspruch nicht von beiden Parteien angenommen, kann der Streik sofort fortgesetzt werden.
Die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di hat für heute eine Bundesdelegiertenkonferenz in Frankfurt am Main angekündigt. Dort sollen mehr als 300 Streikdelegierte die Empfehlung bewerten. Am Mittwochabend wollen die Verhandlungsführer beider Parteien dann erneut zusammentreffen. Erwartet werden stundenlange Gespräche, die möglicherweise auch am Donnerstag weitergehen. Für Freitag hat Ver.di bereits die Bundestarifkommission zu den Beratungen und zur Beschlussfassung eingeladen.
Möglich ist, dass der Tarifstreit mit einem Durchbruch endet. Aber auch neue Streiks sind nicht ausgeschlossen. Zumindest nicht in Hamburg. „Es hängt davon ab, ob die Bundestarifkommission das Schlichtungsergebnis annimmt oder ablehnt“, so die Hamburger Fachbereichsleiterin Hilke Stein. Lehne sie ab, bestehe weiterhin eine Streik-Situation – die Frage sei dann, ob er weiterhin ausgesetzt oder erneut aufgenommen werde. Nehme die Kommission die Empfehlung an, endeten die Tarifverhandlungen mit dem VKA in den anderen Bundesländern. In Hamburg aber würden sie dann erst aufgenommen – mit dem Ziel, das Bundesergebnis auf die hiesige Tarifsituation zu übertragen.
Als Stadtstaat ist Hamburg nicht unmittelbar Mitglied im Verband der kommunalen Arbeitgeber; für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst gilt ein eigener Tarifvertrag mit dem Arbeitgeberverband AVH. Rund die Hälfte der Kinder werden in Kitas betreut, die dort Mitglied sind. Die Verhandlungen zwischen Ver.di und AVH sind laut Hilke Stein für Juli vorgesehen. „Ich gehe davon aus, dass es uns gelingen wird, ein mögliches Bundesergebnis im Sinne einer echten Aufwertung für die Hamburger Beschäftigten zu übertragen“, sagt sie. Im Falle eines Scheiterns könnte jedoch Ende Juli wieder gestreikt werden.
Für die Eltern, die während des bisherigen dreiwöchigen Streiks vor große Probleme gestellt wurden, wäre das eine Katastrophe. Schon jetzt ist vielerorts das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kita-Personal nachhaltig gestört. „Durch den Streik, der auch an Tagen geführt wurde, an denen keine Verhandlungen stattfanden, haben die Gewerkschaften uns unwiederbringlich gegen sich aufgebracht“, so die Eltern der Kita Karolinenstraße in einer offenen E-Mail an Ver.di, die dem Abendblatt vorliegt.