Die Abschaffung von Kita-Gebühren erhöht die staatlichen Kosten, nicht aber die Qualität
Politiker aller Parteien sind sich selten so einig wie bei der Betonung der Bedeutung von frühkindlicher Bildung. Damit folgen sie den Erkenntnissen der Bildungsforschung, die schon lange nachweist, dass in den ersten Lebensjahren viele zentrale Grundlagen für ein später erfolgreiches Lernen und Leben gelegt werden.
Sei es die Förderung individueller Stärken und Fähigkeiten, die Erkennung von besonderem Förderbedarf, das Heranführen an Musik, Kunst und Technik, die Entwicklung sozialer Kompetenzen oder die ersten Schritte in die Selbstständigkeit – alles findet in der Altersstufe zwischen drei und sechs Jahren statt. Der Bildungsort für all dieses ist der Kindergarten, dessen Bedeutung jedoch oftmals unterschätzt wird. Noch immer wird die Kindertagesstätte als Aufbewahrungsort von Kleinkindern missverstanden und Erzieherinnen als Basteltanten diskriminiert, die doch nichts weiter zu tun haben als ein wenig vorzulesen, Brei zu kochen und den Nachwuchs auf die Toilette zu begleiten.
Viele Hamburger Eltern bekamen die Folgen des Kita-Streiks zu spüren
Die Abhängigkeit von diesen „Basteltanten“ und deren tatsächlichen Arbeitsaufwand bekamen viele Hamburger in den letzten Wochen zu spüren, als Erzieher für höhere Löhne in den Streik traten und viele Einrichtungen geschlossen blieben. Gefordert wird eine höhere tarifliche Eingruppierung und damit eine Gehaltssteigerung von rund zehn Prozent. Dies hört sich im ersten Moment recht viel an, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die durchschnittlichen Löhne seit 2009 bereits um rund 30 Prozent angestiegen sind, aber man darf dabei das niedrige Ausgangsniveau nicht vergessen. So verdienen Kita-Angestellte gegenwärtig im Durchschnitt monatlich etwa 2500 Euro brutto bei einer Vollzeitstelle. Hierbei sind übrigens 95 Prozent weiblich, und fast zwei Drittel haben lediglich eine Teilzeitstelle – die meisten hiervon nicht freiwillig.
Wie aber passt es zusammen, dass einerseits Einigkeit darüber herrscht, wie bedeutsam ein gutes pädagogisches Angebot im Kleinkindalter ist, anderseits jedoch Erzieherinnen in diesem Bereich deutlich weniger verdienen als zum Beispiel Grundschullehrer? Ein wesentlicher Grund hierfür ist die Ausbildung. Während fast alle Lehrer studiert haben, liegt der Anteil der Hochschulabsolventen im Kindergarten bei etwa fünf Prozent.
Der allergrößte Teil hat eine Ausbildung absolviert, womit wir neben Österreich und Malta das einzige westliche Land sind, in dem kein Hochschulstudium vonnöten ist, um die jüngste Generation pädagogisch zu betreuen. Und dass sich dieses in den kommenden zwanzig Jahren ändert, kann sich nicht einmal die Hälfte der Hamburger vorstellen.
Mein Ausblick: Kleinkinder verbringen gegenwärtig oftmals mehr wache Zeit mit Erzieherinnen als mit den Eltern. Auch ist der Anteil der Lebenszeit im Kindergarten häufig größer als in der Grundschule. Die Verantwortung, aber auch die Anforderungen an die Kita-Pädagogen sind entsprechend hoch. Die Zeiten, in denen der Nachwuchs nur betreut wurde, sind lange vorbei.
Längere Betreuungszeiten erhöhen die staatlichen Kosten
Es geht sowohl um Erziehung als auch um Bildung. Hierfür müssen entsprechende Rahmenbedingungen vorhanden sein. Konkret bedeutet dies: Der Anteil an Erzieherinnen mit Hochschulabschluss muss sich schrittweise erhöhen. Bis dieser ein international übliches Niveau erreicht hat, muss das Weiterbildungsangebot deutlich ausgebaut, attraktiver gestaltet und zu einem festen Bestandteil der Arbeit werden. Gegenwärtig haben viele Erzieherinnen noch keine ausreichende Qualifikation im Umgang mit Kindern, die beispielsweise die deutsche Sprache nicht sprechen, mit Kleinkindern unter drei Jahren oder Familien aus unterschiedlichen Kulturkreisen.
Kritisch überdacht werden sollten politisch populäre Maßnahmen wie eine Abschaffung von Kita-Gebühren bei einer gleichzeitigen Ausdehnung der Betreuungszeiten. Diese erhöhen lediglich die staatlichen Kosten, nicht aber die Qualität in den Einrichtungen. Und die berechtigte Forderung nach einem höheren Einkommen der Erzieherinnen darf nicht dazu führen, dass der Personalschlüssel zu größeren Gruppen führt, um so wiederum Geld einzusparen.
Letztendlich müssen also alle Beteiligten – von der Politik und den Vorständen in den Kitas über die Gewerkschaften und Erzieher bis hin zu den Eltern bereit sein, ihren Teil dazu beizutragen, um die Qualität in den Kindergärten zu erhöhen. Schließlich wird unser aller Zukunft von diesen Kindern geprägt.