Die Unverzichtbare – so nennt das britische Traditionsblatt die deutsche Kanzlerin. „Times“: Angela Merkel traut sich sogar in Wladimir Putins Hotelzimmer.
London/Berlin. Die britische Tageszeitung „The Times“ hat die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wegen ihrer Vermittlerrolle zwischen Ost und West zur „Person des Jahres 2014“ gekürt. In einem Leitartikel unter dem Titel „Die Unverzichtbare“ würdigt die Zeitung Merkels Einfluss auf Russlands Präsident Wladimir Putin. Während des G20-Gipfels in Australien habe sie in dessen Hotelzimmer unerschütterlich auf Putin eingewirkt.
„Das ist die Frau, die wir in einer Welt gefährlicher Männer brauchen“, heißt es im Bericht des konservativen Blattes. „Sie hat dem Westen geholfen, sich auf seine wichtigsten Werte zu konzentrieren.“
Unterdessen muss sich Merkel im eigenen Land erheblicher Kritik stellen. So fordert die deutsche Wirtschaft fordert von der Bundesregierung einen politischen Kurswechsel. In einer am Freitag verbreiteten Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zum Jahresende äußerten die Präsidenten der großen Spitzenverbände massive Kritik an der Wirtschafts- und Sozialpolitik der schwarz-roten Koalition. Zugleich zeigten sie sich beunruhigt über die vielen politischen Konflikte – wie etwa in der Ukraine.
Anton Börner vom Groß- und Außenhandelsverband BGA sagte, er wünsche sich von Bundeskanzlerin Angela Merkel „eine Wende in der Wirtschafts- und Sozialpolitik“. Die große Koalition habe im ablaufenden Jahr die „teuren Wahlversprechen“ aller drei Koalitionsparteien umgesetzt.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, bemängelte: „Der wirtschaftspolitische Kurs der Bundesregierung war für die deutschen Unternehmen eine Enttäuschung mit Ansage.“ Schon im Koalitionsvertrag habe Schwarz-Rot keine Weichen in Richtung von mehr Wachstum und Beschäftigung gestellt, sondern der Wirtschaft einen Stresstest angekündigt. „Überrascht hat uns dann aber die Konsequenz, mit der diese Bundesregierung in den ersten Monaten ihre rückwärtsgewandten Entscheidungen in der Renten- und Arbeitsmarktpolitik abgearbeitet hat“, kritisierte Grillo. Als Beispiele nannte er die Rente mit 63, die Mütterrente und den Mindestlohn.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, stimmte in den Chor der Kritiker ein. Entscheidungen wie die für den Mindestlohn und die Rente mit 63 hätten gerade den Mittelstand verunsichert. „Die Folge: die Unternehmen halten sich bei Investitionen und Neueinstellungen zurück“.
Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer richtete an Merkel den Aufruf: „Schauen sie sich nochmals die Baupläne für ihr politisches Haus 2015 an. Bringen Sie als Bauherrin mehr wirtschaftliche Handschrift hinein“. Merkel sollte „mutig und kraftvoll“ für mehr Wirtschaftsorientierung und Effizienz eintreten. Auch Wollseifer bemängelte eine „rigorose und ausufernde Sozialpolitik gegen jede ökonomische und demografische Vernunft“.
Für das neue Jahr forderten die Verbandspräsidenten mehr Wirtschafts- und vor allem Investitionsorientierung. „Ich kann nur dringend dazu raten, endlich Maßnahmen zu ergreifen, die die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands stärken“, sagte DIHK-Präsident Schweitzer. Das wichtigste Stichwort müsse sein: „Schluss mit weiteren Belastungen für die Unternehmen.“ Wie Grillo forderte er vor allem ein besseres Investitionsklima.