Deutschland stärkt die Kurden im Irak im Kampf gegen die IS-Extremisten mit dringend benötigten Waffen. Die Eröffnung einer zweiten Front in Syrien kommt im Sicherheitsrat zur Sprache.
Berlin/Leipzig/New York. Die deutsche Waffenhilfe für den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak läuft am Mittwoch an. Von Leipzig aus (ca. 13.30 Uhr) fliegt eine erste Maschine mit Panzerfäusten, Gewehren und Munition über die Hauptstadt Bagdad in das nördlich gelegene Kurdengebiet.
Dort sollen die Waffen an die Peschmerga-Armee übergeben werden. Diese hält dort seit Wochen dem IS-Vormarsch stand, obwohl sie bislang schlechter ausgestattet ist als die Truppen der Extremisten, die zahlreiche Arsenale geplündert und Waffen erbeutet haben. Insgesamt werden 10.000 kurdische Kämpfer mit Waffen für 70 Millionen Euro aus Bundeswehrbeständen ausgerüstet.
Mit dem internationalen Vorgehen gegen die Dschihadisten befasst sich am Mittwoch auch der UN-Sicherheitsrat unter Leitung von US-Präsident Barack Obama. Die Krise dürfte zudem das beherrschende Thema der am selben Tag in New York beginnenden Generaldebatte der Vollversammlung der Vereinten Nationen sein.
Die USA hatten in der Nacht auf Dienstag gemeinsam mit fünf arabischen Verbündeten erstmals IS-Stellungen in Syrien beschossen. Nach Angaben von Menschenrechtlern wurden dabei 70 IS-Extremisten getötet. Zudem starben 50 Kämpfer der weitgehend unbekannten Chorasan-Gruppe, die mit dem syrischen Al-Kaida-Ableger verbunden ist. Chorasan soll nach Angaben des Pentagon kurz vor einem Terroranschlag in den USA oder Europa gestanden haben.
Irak bittet um Schutz seiner Bürger
Die US-Luftwaffe beschoss anschließend im Irak und in Syrien drei weitere Ziele. Es seien zwei Stellungen der Extremisten in Syrien südwestlich von Dair as-Saur bombardiert worden, teilte das US-Zentralkommando in Tampa (Florida) mit. Im Irak gab es demnach einen weiteren Angriff nordwestlich der Hauptstadt Bagdad. Die Angriffe in Syrien sind nach US-Angaben auf irakischen Wunsch erfolgt. „Die irakische Regierung hat die USA gebeten, internationale Maßnahmen anzuführen, um Stellungen und militärische Hochburgen des IS in Syrien anzugreifen“, schrieben die Vereinigten Staaten in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Der Irak habe um den Schutz seiner Bürger gebeten und um Hilfe bei der Sicherung seiner Grenzen.
Das Schreiben, unterzeichnet von der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, soll erklären, warum der Militäreinsatz der USA und ihrer arabischen Verbünden von der UN-Charta gedeckt ist. Demnach sei der IS nicht nur für den Irak, sondern für die USA und die Alliierten in der Region eine Bedrohung. Die IS-Miliz nutze Syrien als sicheren Rückzugsraum, von dem aus sie Angriffe im Irak vorbereite. Der Artikel 51 der UN-Charta besage, dass angegriffene Mitglieder das Recht auf individuelle oder gemeinsame Selbstverteidigung hätten.
In Syrien tobt seit dem Frühjahr 2011 ein Bürgerkrieg, der als Aufstand gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad begonnen hatte. Der Islamische Staat beherrscht im Norden und Osten Syriens mittlerweile etwa ein Drittel der Fläche des Landes. Auch im benachbarten Irak kontrolliert die Terrormiliz riesige Gebiete. In beiden Länder geht sie brutal gegen Gegner und Andersgläubige vor.
Assads unversöhnlicher Giftgas-Einsatz
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte davor, dass Assad nach dem gemeinsamen Kampf mit dem Westen gegen den IS international rehabilitiert wird. „Die Weltgemeinschaft wird Assad nie vergessen, dass er gegen seine Bevölkerung Giftgas eingesetzt hat“, sagte sie der Zeitung „Bild“ (Mittwoch). Der Kampf gegen die Miliz habe aber zunächst Vorrang.
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, forderte ein stärkeres Engagement der Türkei im Kampf gegen den IS. „Wir erwarten, dass die Türkei ihre Verantwortung in der Allianz gegen den Islamischen Staat übernimmt, nachdem die vom IS genommenen türkischen Geiseln wieder frei sind“, sagte Arnold der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch). Allerdings müsse der Regierung in Ankara auch Zeit dafür gelassen werden, Teil der Allianz zu werden.
Die Türkei muss sich wegen des Vormarschs der IS-Miliz nach UN-Angaben auf bis zu 260 000 weitere syrische Flüchtlinge einstellen. Insgesamt haben bereits mehr als 1,5 Millionen Menschen vor allem aus dem Bürgerkriegsland in der Türkei Zuflucht gefunden. Am Wochenende waren 46 türkische Geiseln nach Monaten aus der Gewalt der IS-Terrormiliz befreit worden.