Seit Dienstagmorgen flogen die USA und Verbündete Luftangriffe gegen IS in Syrien. Dabei soll auch eine Gruppe von al-Qaida-Veteranen getroffen worden sein, die in Europa oder den USA Anschläge plante.
Gemeinsam mit fünf sunnitisch-arabischen Verbündeten haben die USA am Dienstag Luftangriffe auf sunnitische Extremisten in Syrien gestartet und dabei zahlreiche Ziele getroffen. Nach Pentagon-Angaben wurde neben dutzenden IS-Dschihadisten auch eine Zelle von al-Qaida-Veteranen „eliminiert“, die Anschläge im Westen plante. Zeugen berichteten von einem gewaltigen Schlag gegen den IS. Der syrische Machthaber Baschar al-Assad stellte sich hinter die „Bekämpfung des Terrorismus“.
Mit Kampfjets, Bombern, Drohnen und von Kriegsschiffen abgefeuerten Tomahawk-Marschflugkörpern griff die Allianz Ziele in den nordsyrischen IS-Hochburgen und entlang der Grenze zum Irak an. Mit dabei waren die sunnitisch dominierten Staaten Bahrain, Jordanien, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
Ihre Beteiligung zeige der Welt, „dass dies nicht alleine der Kampf der USA ist“, sagte US-Präsident Barack Obama in Washington. Zugleich schwor er das Bündnis auf einen längeren Einsatz ein. Die Angriffe auf die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) brauchten Zeit, aber er werde „tun, was notwendig ist“, um den IS zu besiegen.
Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden 70 IS-Mitglieder und 50 Kämpfer mit Verbindungen zu Al-Kaida getötet. Aktivisten sprachen von rund 20 Attacken auf Stellungen im Norden Syriens. Augenzeugen berichteten aus Raka, die Angriffe seien „präzise“ erfolgt, ihre Auswirkung für den IS sei aber „gewaltig“. „Die Dschihadisten versuchen, sich zu retten“, sagte der Assad-Gegner Abu Jussef der Nachrichtenagentur AFP.
Nach Pentagon-Angaben wurde auch eine Gruppe von früheren al-Qaida-Kämpfern getötet. Es werde davon ausgegangen, dass die Mitglieder der Chorasan-Gruppe „eliminiert wurden“, sagte Pentagonsprecher John Kirby dem US-Sender ABC. Obama sagte dazu: „Wir werden keine Rückzugsgebiete für Terroristen dulden, die unsere Bürger bedrohen.“ Zerstört wurden Ausbildungslager, eine Waffen- und Sprengstoffwerkstatt sowie Kommunikationsgebäude und ein Kommandozentrum. Die Chorasan-Gruppe soll von Syrien aus Anschläge geplant und westliche Islamisten als Attentäter rekrutiert haben.
Die USA haben seit August schon fast 200 Luftangriffe auf IS-Stellungen im Irak geflogen und vor zwei Wochen eine Ausweitung der Bombardements auf Syrien angekündigt. Damaskus warnte daraufhin, jeder Angriff gegen IS-Stellungen auf syrischem Boden ohne vorherige Zustimmung werde als Attacke auf den syrischen Staat gewertet. Nachdem Assad nun vorab informiert worden war, erklärte er am Dienstag: Syrien „unterstützt jede internationale Bemühung zur Bekämpfung des Terrorismus“.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in New York, der IS könne nur besiegt werden, „wenn er in Syrien keinen ungefährdeten Rückzugsraum behalten kann“. Zwar seien die Angriffe auf syrisches Territorium keine „einfache Frage“, hieß es aus deutschen Delegationskreisen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die USA „ihr Handeln am geltenden Völkerrecht ausrichten“.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sagte, die Islamisten im Irak und in Syrien seien eine „unmittelbare Bedrohung für den Weltfrieden“. Er gab zu bedenken, dass die USA mit den Angriffen nicht auf eine Bitte der Regierung reagiert hätten. Er rief die Allianz auf, Zivilisten zu schützen.
Der IS hat weite Teile Syriens und des Iraks erobert und unter den Einwohnern Angst und Schrecken verbreitet. Zuletzt rückten die Dschihadisten in Syrien auf die Stadt Ain al-Arab an der Grenze zur Türkei vor, etwa 130.000 Menschen flohen in das Nachbarland. Am Montag rief die IS-Miliz ihre Anhänger auf, Bürger aus allen Staaten zu töten, die sich der internationalen Koalition gegen sie angeschlossen hätten.
+++ Lesen Sie hier die Ereignisse vom Dienstag im Protokoll nach +++
19.30 Uhr: Bei dem Luftangriffen ist nach US-Angaben auch eine al-Qaida-Zelle getroffen worden, die unmittelbar vor Anschlägen in Europa oder Amerika stand. Der Einsatzleiter des US-Verteidigungsministeriums, General William Mayville, sagte am Dienstag, die sogenannte Chorassan-Gruppe sei vor „der Ausführungsphase eines Angriffs entweder in Europa oder dem Heimatland“ gewesen. Die Chorassan-Gruppe habe aus erfahrenen Al-Kaida-Mitgliedern bestanden, die bereits in Afghanistan und Pakistan gekämpft hätten. Sie habe sich auf Ziele im Westen, nicht auf die Regierung von Präsident Baschar al-Assad, konzentriert, sagte Mayville.
18.05 Uhr: Pentagonsprecher John Kirby hat die USA auf einen umfassenden Krieg aus der Luft gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien eingestimmt. „Die Angriffe von gestern Nacht waren erst der Anfang“, sagte Kirby am Dienstag. „Angriffe wie diese können in Zukunft erwartet werden“, pflichtete ihm Generalleutnant William Mayville bei. Der genaue Zeitpunkt für weitere Schläge werde von den „Fakten am Boden“ bestimmt. Öffentlich angekündigt würden sie aber nicht.
17.16 Uhr: Die Linke hat die US-Luftangriffe auf die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien scharf kritisiert. „Das ist Wildwest-Manier“, sagte Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht am Dienstag in Berlin. Sie verglich das jetzige Vorgehen der USA in Syrien mit der Invasion im Irak vor elf Jahren. Den Vereinigten Staaten gehe es auch um einen Sturz des Regimes von Baschar al-Assad, sagte Wagenknecht mit Verweis auf die US-Waffenlieferungen an Oppositionelle. Im Irak habe der Sturz der Regimes von Saddam Hussein zu einer Situation geführt, die den IS erst stark gemacht habe, betonte sie. „Diese Außenpolitik fortzusetzen von Interventionskriegen, von Bomben, von einem militärisch herbeigeführten Regime-Change – das scheint uns eine völlig falsche Außenpolitik.“
18.03 Uhr: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier: „Klar ist, dass wir im Kampf gegen IS eine breit angelegte, regional verankerte Gesamtstrategie brauchen, die auch militärische Bestandteile hat“, sagte Steinmeier am Dienstag in New York. „Jedenfalls kann IS nur besiegt werden, wenn IS in Syrien keinen ungefährdeten Rückzugsraum behalten kann.“ Steinmeier hält sich zur UN-Vollversammlung in New York auf.
16.03 Uhr: Ein Sprecher der syrischen Kurdenmiliz ruft zu Luftangriffen auf die IS-Einheiten auf, die die strategisch wichtige Stadt Kobani an der Grenze zur Türkei belagern. Der IS verlege seine Kämpfer aus den am Dienstag beim US-koordinierten Einsatz angegriffenen Regionen in das von Kurden kontrollierte Gebiet, sagt der Sprecher.
14.53 Uhr: Der US-Generalstabschef Martin Dempsey hat die Luftangriffe als Erfolg gewertet. Die Rolle der arabischen Verbündeten Saudi-Arabien, Katar, Bahrain, Jordanien und der Vereinigten Arabischen Emirate sei unverzichtbar gewesen, sagte der General am Dienstag in Washington. Damit werde deutlich, dass der Kampf gegen die Terrormiliz nicht nur ein amerikanischer sei.
14. 37 Uhr: Die Türkei muss sich wegen des Vormarschs der IS-Miliz nach UN-Angaben auf bis zu 400.000 weitere syrische Flüchtlinge einstellen. Betroffen seien die Bevölkerung der umkämpften kurdischen Enklave Ain al-Arab (kurdisch: Kobane) an der Grenze zur Türkei sowie 200.000 syrische Binnenflüchtlinge, die sich in der Stadt befänden, wie eine Sprecherin des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR am Dienstag mitteilte.
14.28 Uhr: Die deutschen katholischen Bischöfe halten ein militärisches Vorgehen gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak und Syrien für zwingend geboten. „Der begrenzte Einsatz von Gewalt erscheint uns in diesem Falle vertretbar und auch geboten, solange eine andere plausible Strategie nicht erkennbar ist“, sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick am Dienstag bei der Herbstvollversammlung der Bischöfe in Fulda. „Der Angreifer muss aufgehalten werden.“
14. 16 Uhr: Bei den Angriffen der USA in Syrien sind laut Menschenrechtlern auch mindestens 50 Kämpfer der radikal-islamischen Al-Nusra-Front getötet worden. Dabei handelt es sich um den syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechter teilte am Dienstag mit, die Extremisten seien westlich der nordsyrischen Stadt Aleppo getötet worden. Die Opfer seien vor allem Ausländer.
13.10 Uhr: Nach den US-Luftangriffen auf die Extremistenhochburg Rakka hat dort eine Fluchtwelle eingesetzt. Ein Einwohner berichtet: „Jetzt, wo wir sprechen, gibt es einen Exodus aus Rakka. ... Die Leute fliehen aufs Land.“
Unterdessen erstellt das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Notfallpläne für den Fall, dass alle 400.000 Einwohner der nordsyrischen Kurdenstadt Kobani in die Türkei flüchten. Kobani wird von der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) belagert, die bereits Dutzende Dörfer in der Region überrannt hat. „Unsere größte Sorge ist, dass Kobani fällt“, sagte UNHCR-Sprecher Robert Colville am Dienstag in Genf. „Wir wissen es nicht, aber wir treffen entsprechende Vorbereitungen, falls die gesamte Bevölkerung flüchtet.“
12.40 Uhr: Die Ausweitung des US-Luftkriegs gegen die Terrormiliz IS auf Syrien findet bei syrischen Flüchtlingen in der Türkei Beifall. „Ich finde es gut, dass die USA Luftangriffe fliegen“, sagte der Flüchtling Halil aus Aleppo am Dienstag am türkischen Grenzübergang Mursitpinar nahe der umkämpften nordsyrischen Stadt Ain Al-Arab.
„Hätten die USA uns früher geholfen, müssten jetzt nicht so viele Menschen fliehen“, sagte Halil, der an der Grenze auf seine Familie wartete und seinen Nachnamen nicht nennen wollte. Andere Flüchtlinge äußerten sich ähnlich.
Ein Kurde namens Mehmet Ali, der an der Grenze nahe des Ortes Suruc lebt, sagte zum Bombardement: „Alle Kurden finden es gut, da bin ich mir sicher. Nur: Warum erst jetzt? Es sind so viele Menschen gestorben. Ich frage mich auch, wie sie den IS treffen wollen, ohne die Menschen dort zu gefährden. Ich meine, wenn sie Al-Rakka bombardieren, sterben doch auch Zivilisten.“
12.20 Uhr: Nach Informationen von Spiegel Online stemmt sich die Bundesregierung im Kampf gegen den IS gegen eine Zusammenarbeit mit dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad. Dem Online-Magazin liege ein internes Schreiben des Auswärtigen Amtes vor, wonach Assad kein Partner im Kampf gegen IS sei, so Spiegel Online weiter.
Neues Video von entführtem Journalisten aufgetaucht?
12 Uhr: Die radikale Miliz IS hat offenbar Filmaufnahmen eines entführten britischen Journalisten im Internet verbreitet. In dem Video kritisiere ein Mann, bei dem es sich vermutlich um den Briten John Cantlie handele, die Vorbereitungen für den von den USA geführten Angriff auf IS-Kämpfer, berichtete die Organisation Site, die dschihadistische Webseiten beobachtet, am Dienstag. Das Video wurde offenbar vor der Ausweitung der US-Militäroffensive gegen den IS auf Syrien aufgenommen.
Der in dem fünfminütigen Film gezeigte Mann beschreibt den IS als „die mächtigste Dschihadisten-Bewegung der jüngsten Geschichte“ und warnt US-Präsident Barack Obama davor, in einen Krieg gezogen zu werden, den er nicht gewinnen könne.
11.09 Uhr: Die Nato ist nach eigenen Angaben nicht an den Luftangriffen der USA und arabischer Staaten in Syrien beteiligt. Dies teilt ein Sprecher des Militärbündnisses in Brüssel mit.
11.10 Uhr: Russland hat die Luftangriffe der USA gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien als Verstoß gegen das Völkerrecht kritisiert. Für einen solchen Militäreinsatz sei eine Zustimmung der syrischen Regierung oder ein Mandat des UN-Sicherheitsrates notwendig, teilte das Außenministerium in Moskau am Dienstag mit. Der eigenmächtige Beschluss der USA und ihrer Verbündeten schüre Spannungen und destabilisiere die Region.
10.38 Uhr: Die deutsche Regierung hält sich bedeckt, während Luftangriffe auf Syrien geflogen werden. Lediglich das Auswärtige Amt äußert sich über über Twitter. Und gibt über den Kurznachrichtendienst bekannt, dass für Studierende aus Syrien mehr Stipendium ausgeschrieben werden sollen.
10.19 Uhr: Bei den US-Luftangriffen auf Islamisten-Stellungen in Syrien sind auch mindestens 30 Kämpfer der Al Kaida nahestehenden Nusra Front getötet worden, wie die der Opposition nahestehende Syrische Beobachtergruppe für Menschenrechte mitteilt. Allerdings seien dabei auch acht Zivilisten ums Leben gekommen, darunter drei Kinder.
9.51 Uhr: Großbritanniens Premierminister David Cameron will den iranischen Präsidenten Hassan Ruhani in New York sprechen und zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auffordern. Zudem wolle er an den Iran appellieren, den syrischen Machthaber Baschar al-Assad nicht mehr zu unterstützen, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA.
9.38 Uhr: IS-Miliz kündigt Vergeltung für US-Luftangriffe in Syrien an. Zugleich macht sie Saudi-Arabien dafür verantwortlich, dass die USA mit Unterstützung arabischer Staaten ihre Luftangriffe vom Irak auf Syrien ausgeweitet haben, wie ein IS-Kämpfer der Nachrichtenagentur Reuters sagte.
Mehrere IS-Kämpfer getötet
9.21 Uhr: Die USA haben die Luftangriffe auf IS-Ziele in Syrien von Kriegsschiffen im Roten Meer und im nördlichen Golf aus gestartet. Alle Flugzeuge haben ihre Zielgebiete sicher wieder verlassen, teilt das US-Militär mit. Unterstützt werde der Einsatz von Jordanien, Bahrain, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Katar.
9.10 Uhr: Die jordanische Luftwaffe hat Angriffe gegen „Terrorgruppen“ geflogen. Dabei seien Ziele „einiger Terrorgruppen“ zerstört worden, die Anschläge in Jordanien verüben wollten, heißt es in einer Erklärung des Militärs im Staatsfernsehen. Weitere Einzelheiten werden nicht genannt.
8.57 Uhr: Bei den US-Luftangriffen auf die IS-Miliz in Syrien sind offenbar zahlreiche Islamisten getötet worden. Mindestens 20 Kämpfer der Miliz Islamischer Staat (IS) seien ums Leben gekommen, teilt eine der syrischen Opposition nahestehende Menschenrechtsgruppe mit. Das US-Militär habe mindestens 50 Luftangriffe in den Provinzen Rakka und Deir al-Sor geflogen. Auch die der Al-Kaida nahestehende Extremisten-Gruppe Nusra Front im Nordwesten Syriens sei attackiert worden.
8.35 Uhr: Die britische Regierung hat noch nicht entschieden, ob sich das Land an dem US-Einsatz in Syrien beteiligt. Die Beratungen darüber dauern an, sagt eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums in London.
6.57 Uhr: Die USA haben die Regierung in Damaskus vor Ausweitung ihrer Luftangriffe auf die Islamisten-Miliz IS nach Syrien informiert. Die US-Regierung habe dem syrischen Vertreter bei den Vereinten Nationen die Pläne für einen Angriff auf die IS-Hochburg Rakka mitgeteilt, berichtet das syrische Staatsfernsehen unter Berufung auf das Außenministerium.
3.37 Uhr: Das US-Militär hat nach Regierungsangaben mit Luftangriffen auf Stellungen der radikalen Miliz Islamischer Staat (IS) in Syrien begonnen. An dem Einsatz seien Partner-Nationen beteiligt, teilt das Verteidigungsministerium in Washington mit.