Der Bundestagspräsident sprach sich vor Soldaten der Bundeswehr in Hamburg für eine Gesetzesreform bei Auslandseinsätzen aus. Demnach kann er sich multinationale Einsätze ohne Mandat vorstellen

Hamburg. Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach in Hamburg vor Bundeswehrsoldaten von einer Gesetzesreform für Auslandseinsätze. Dabei sagte er, dass er sich auch Auslandseinsätze ohne Bundestagsmandat vorstellen kann. Das sei der Fall, wenn es um eine Beteiligung an multinationale besetzten Stäben geht. Ein solcher Einsatz in den Hauptquartieren der Nato und anderer Organisationen bedeute keine Beteiligung von bewaffneter Streitkräfte im Sinne des bestehenden Gesetzes.

Bislang muss jeder einzelne Auslandseinsatz der Bundeswehr vom Bundestag gebilligt werden, was laut Lammert in Zeiten von multinationalen Operationen jedoch immer komplizierter wird. Derzeit befasst sich auch eine Kommission unter dem Vorsitz des früheren Verteidigungsministers Volker Rühe (CDU) mit dem Thema.

Lammert war zur Führungsakademie – der höchsten militärischen Ausbildungsstätte der Bundeswehr – nach Hamburg gekommen, um 84 Generalstabsoffiziere, darunter 17 ausländische Offiziere aus zwölf Nationen, am Ende ihres Lehrgangs zu verabschieden – und sicherte der Bundeswehr hohes Vertrauen des Parlaments in seine Armee zu.

Lammert fordert Bundestagsmandat, wenn das Engagement für den Nordirak wächst

In der Donnerstagsausgabe der „Rheinischen Post“ forderte er auch ein Bundestagsmandat für das deutsche Engagement im Nordirak. „Wenn Deutschland sich zunehmend einem konkreten Krisenmanagement nähert, empfehle ich, sich um ein Mandat des Bundestags zu bemühen“, sagte Lammert der Zeitung. Dabei gehe es mehr um eine politische Abwägung als um eine juristische Kompetenzfrage.

Hintergrund ist die Entsendung von 40 Fallschirmjägern in den Nordirak. Die Bundeswehrsoldaten sollen die kurdischen Peschmerga für den Kampf gegen die Miliz „Islamischer Staat“ (IS) an deutschen Gewehren und Panzerabwehrraketen ausbilden.

Es sei nicht auszuschließen, dass die Deutschen von den Verbündeten zunehmend mehr in diesem Krisengebiet eingebunden würden, sagte Lammert der Zeitung. Daraus könnten auch Konflikte entstehen, die bislang so nicht vorhergesehen wurden. Es gehe ihm allerdings nicht darum, „dass der Bundestag festlegt, wie viele Gewehre oder Panzerabwehrwaffen etwa an die Kurden zu liefern sind“, betonte der Bundestagspräsident. Das sei Sache der Regierung: „Der Bundestag sollte den Entscheidungsehrgeiz nicht übertreiben.“

Dagegen sieht der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Hans-Peter Bartels (SPD), derzeit keinen Bedarf für ein Bundestagsmandat. „Es gibt ja keinen militärischen Auftrag durch die UN“, sagte er dem Blatt. Wenn aus dem Einsatz mehr werde, müsse neu diskutiert werden. Die Grünen wollen bei der nächsten Sitzung des Verteidigungsausschusses nachfragen, ob ein Einsatz ohne Bundestagsmandat möglich ist.

Der Bundestag hatte am 1. September über die deutschen Waffenlieferungen an die kurdischen Kämpfer im Nordirak diskutiert und sie in einem Entschließungsantrag gebilligt. Das Votum ist nicht bindend. Ein förmliches Mandat war nicht erforderlich.