In den Regionen Donezk und Lugansk stimmen Bürger über die Schaffung Souveräner Volksrepubliken ab. Offenbar gab es mehrere Tote, als Nationalgardisten das Feuer auf eine Menschenmenge eröffnen.

Donezk/Krasnoarmejsk. Gegen den Willen der Regierung in Kiew, abgelehnt vom Westen und zum jetzigen Zeitpunkt offiziell nicht erwünscht von Moskau haben am Sonntag in zwei ostukrainischen Regionen Unabhängigkeitsreferenden stattgefunden. Die Bürger von Donezk und Lugansk sollten entscheiden, ob sie für die Schaffung sogenannter Souveräner Volksrepubliken sind. Die Lage vor Ort blieb zunächst überwiegend ruhig, doch am Abend fielen in der Stadt Krasnoarmejsk Schüsse. Dabei kamen offenbar mehrere Menschen ums Leben.

Mitglieder der ukrainischen Nationalgarde eröffneten vor einem Rathaus in Krasnoarmejsk das Feuer auf eine Menschenmenge. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur AP, berichtete von zwei Menschen, die regungslos auf dem Boden lagen. Der Sprecher der prorussischen Aufständischen, Denis Puschilin, sagte laut der Nachrichtenagentur Itar-Tass, es habe mehrere Tote gegeben.

Nur wenige Stunden vor dem Zwischenfall hatten Dutzende Nationalgardisten die Stimmabgabe in dem Referendum vor dem Rathaus gestoppt. Krasnoarmejsk liegt rund 30 Kilometer von der Regionalhauptstadt Donezk entfernt.

Die Stimmlokale waren von 07.00 bis 21.00 Uhr MESZ geöffnet. Die Organisatoren teilten mit, bis zum späten Nachmittag habe die Stimmbeteiligung bei über 70 Prozent gelegen. In Abwesenheit einer internationalen Beobachtermission waren diese Angaben nicht zu verifizieren. Die Bekanntgabe der Ergebnisse wurde nicht vor Montag erwartet.

In den betroffenen Regionen leben rund 6,5 Millionen Menschen. Die ukrainische Regierung und der Westen bezeichneten die Referenden als illegal. Übergangspräsident Alexander Turtschinow hatte erklärt, eine Unabhängigkeit östlicher Regionen würde die Wirtschaft der Ukraine zerstören. „Das ist ein Schritt in den Abgrund für die Regionen“, sagte er am Samstag.

Der Chef der Organisatoren der Abstimmung in Donezk, Roman Ljagin, erklärte, mit der Abstimmung wolle man lediglich „unser Recht auf Selbstbestimmung bekunden. Nach der Bekanntgabe der Ergebnisse wird sich am Status der Region Donezk absolut nichts ändern“, sagte er. „Wir werden nicht aufhören, Teil der Ukraine zu sein. Wir werden nicht Teil von Russland“, sagte er. „Wir sagen der Welt nur, dass wir Veränderungen wollen, wir wollen gehört werden.“ Über den letztendlichen Status der Region werde zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert werden.

In einer Schule in Donezk konnten AP-Reporter einen großen Andrang von Wählern in der ersten Stunde beobachten. Alle Stimmzettel in der durchsichtigen Wahlurne waren pro Autonomie angekreuzt. Vermutlich gingen Gegner des Referendums gar nicht erst zur Abstimmung.

In einem Dorf vor Donezk warteten Bewohner drei Stunden

Wähler in dem Stimmlokal wie die 65-jährige Lilija Bragina äußerten die Hoffnung, dass die Referenden die Lage stabilisierten und Frieden brächten. Die 25-jährige Darja - sie wollte ihren Nachnamen nicht nennen - sagte hingegen, sie sehe keinen Sinn in der Abstimmung, da diese kein rechtliches Gewicht habe.

Die offenbar auf dem Land unter organisatorischen Problemen anlaufenden Abstimmungen waren ähnlich der Volksabstimmung auf der Krim formuliert, die im März zur Sezession der Halbinsel und anschließenden Annexion durch Russland führte. In einem Dorf vor Donezk, Spartak, warteten stimmbereite Bewohner drei Stunden auf die Wahlurne. Schließlich wurde ein mit Klebeband verstärkter Pappkarton aufgestellt.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche die Organisatoren der Referenden zu einer Verschiebung aufgefordert. Die Aufständischen ignorierten das. Sie wollen nach den Abstimmungen entscheiden, ob sie daraus den Anspruch auf Unabhängigkeit, den Anschluss an Russland oder den Verbleib in der Ukraine mit mehr Autonomierechten ableiten. Die Ukraine beschuldigt Russland, die Unruhen im Osten des Landes zu schüren, um damit das Land zu destabilisieren oder einen Einmarsch vorzubereiten.