Der Hamburger Abgeordnete stellt der Union Bedingungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel ziert sich jedoch bei den Rechten für Homosexuelle. Neue Urteile könnten sie zur Kehrtwende zwingen.
Osnabrück/Hamburg. Der Hamburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs macht mal wieder mit Bedingungen von sich reden. Kahrs, der dem konservativen Seeheimer Kreis der SPD angehört, will hat mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen die Union zu einer völligen Gleichstellung von Homo-Ehen aufgefordert. In der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte Kahrs: „Die volle rechtliche Gleichstellung von Schwulen und Lesben auch im Adoptions- und Steuerrecht ist für die SPD ein ganz wesentlicher Punkt in den Koalitionsverhandlungen. Die Union muss sich dringend bewegen, um auf der Höhe der Zeit anzukommen.“
Kahrs kritisierte, die nächste Bundesregierung dürfe in dieser Sache nicht auf ein erneutes Urteil des Bundesverfassungsgerichts warten. „Wenn es zu einer Koalition kommen soll, muss dieser Stein dringend aus dem Weg geräumt werden“, sagte er. „Ich bin erstaunt, dass die Union noch immer so große Vorbehalte gegen die Lebensrealität in Deutschland pflegt.“
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Wahlkampf in einer ARD-Sendung mit 150 Wählern, die die Kanzlerin direkt befragen konnten, gesagt: Sie tue sich schwer mit der kompletten Gleichstellung Homosexueller: In der Sendung hatte ein Mann Merkel mit dem Nein der CDU zur vollen Gleichstellung von Homo-Paaren bei Adoptionen konfrontiert. Merkel antwortete: „Ich sage Ihnen ganz ehrlich, dass ich mich schwertue mit der kompletten Gleichstellung. Ich bin unsicher, was das Kindeswohl anbelangt." Sie wolle das sagen dürfen, ohne damit Menschen diskriminieren zu wollen. Der Mann entgegnete, auch ihm und seinem Partner gehe es um das Kindeswohl.
Derweil hat auch der Bundesfinanzhof die Rechte homosexueller Paare gestärkt. In einer eingetragenen Lebenspartnerschaft müssen bei der Berechnung des Kindergeldes die Kinder beider Partner zusammengezählt werden, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München. Ebenso wie bei den Kindern von Ehegatten können gleichgeschlechtliche Lebenspartner so ab dem dritten Kind ein höheres Kindergeld beanspruchen (AZ: VI R 76/12).
Im vom BFH entschiedenen Rechtsstreit hatte eine in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebende lesbische Frau geklagt. Sie hatte wie ihre Partnerin jeweils zwei minderjährige Kinder in die Partnerschaft eingebracht. Von der Kindergeldkasse verlangte sie, dass bei der Berechnung des Kindergeldes alle Kinder zusammengezählt werden, sodass das Paar insgesamt mehr Kindergeld erhält.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen gibt es für die ersten zwei Kinder jeweils 184 Euro Kindergeld, für das dritte Kind 190 Euro und für jedes weitere Kind 215 Euro monatlich. Die Kindergeldkasse wollte jedoch für jedes Kind nur 184 Euro Kindergeld zahlen. Nur bei Eheleuten könnten die eigenen und die Kinder des Partners zusammengezählt werden, war die Begründung.
Die Münchener Richter wiesen dies zurück und beriefen sich auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2013. Danach ist der Ausschluss eingetragener Lebenspartner vom Ehegattensplitting nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren. So seien nun nicht nur die Einkommenssteuervorschriften zu Ehegatten und Ehen auf Lebenspartner und Lebenspartnerschaften anzuwenden. Auch die Kindergeldfestsetzungen müssten bei Ehen und eingetragenen Lebenspartnerschaften gleich angewendet werden, entschied der BFH.