Bei Ermittlungen gegen die NSU sind möglicherweise Daten im Auftrag der BKA gelöscht worden. Untersuchungsausschuss will Vorgang aufklären.
Berlin. Die Zeugenaussage eines hohen Polizeioffiziers über eine mögliche Datenlöschung bei Ermittlungen gegen die rechtsextreme Terrorgruppe NSU hat den Bundestags-Untersuchungsausschuss alarmiert. „Der Ausschuss wird die Aufklärung der Vorgänge energisch vorantreiben“, sagte der Vorsitzende des Gremiums, Sebastian Edathy (SPD), der Zeitung „Bild am Sonntag“.
Der Polizeidirektor Heinz-Dieter Meier hatte als Zeuge vor der Bundesanwaltschaft ausgesagt, dass im Dezember 2011 im Auftrag des Bundeskriminalamts (BKA) Handy-Daten eines Tatverdächtigen gelöscht worden seien. In der Vernehmung äußerte Meier die Vermutung, die Sicherheitsbehörden wollten mit der Datenlöschung einen V-Mann im Umfeld der Terrorgruppe schützen. Meier war als Leiter der Abteilung 5 im Präsidium der Bundespolizei für die Informations- und Kommunikationstechnik der Behörde zuständig, die für das BKA auch die Handys mutmaßlicher NSU-Terrorhelfer auswertete.
Unterdessen rechnet Bundeskriminalamts-Präsident Jörg Ziercke mit weiteren Anklagen im Fall der Terrorgruppe. „Letztlich könnten nach derzeitigem Stand bis zu zwölf weitere Personen als mutmaßliche Helfer und Unterstützer vor Gericht stehen“, sagte er der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Das Oberlandesgericht München entscheidet voraussichtlich noch in dieser Woche über die Eröffnung des Hauptverfahrens. Die Beweise gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe reichen aus der Sicht Zierckes für eine Verurteilung aus. Der Prozess soll im Frühjahr beginnen.
Das Bundeskriminalamt (BKA) habe für den Prozess rund 7000 sichergestellte Materialien ausgewertet, 2600 davon in elektronischer Form, sagte Zierke. Das meiste komme aus dem Wohnmobil und der Wohnung des NSU-Trios. „Wir haben bundesweit über 1300 Hinweise bearbeitet und mehr als 1400 Personen (...) vernommen.“ Das BKA habe etwa 1000 NSU-Aktenordner für das Gericht erstellt.
Die rechtsextreme Terrorzelle NSU soll zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen umgebracht haben. Die Bande flog im November 2011 auf, als die beiden mutmaßlichen Komplizen Zschäpes, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, erschossen in einem Wohnmobil entdeckt wurden. Wegen der Ermittlungspannen hatte der Bundestag vor einem Jahr einen Untersuchungsausschuss eingesetzt.
Der Ausschussvorsitzende Sebastian Edathy äußerte sich zufrieden mit der bisher geleisteten Arbeit. „Dies ist mein fünfter Untersuchungsausschuss und zugleich der effizienteste, den ich bisher erlebt habe“, sagte der SPD-Politiker der „Mitteldeutschen Zeitung“ (Samstag). Im Ausschuss gehe es parteiübergreifend darum, „das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des demokratischen Rechtsstaates zurückzugewinnen“.
Drei Faktoren hätten es erschwert, die mutmaßlichen Täter zu finden: „Eine Unterschätzung des gewaltbereiten Rechtsextremismus, Ressentiments gegenüber Zuwanderern sowie mangelnde Kommunikation innerhalb der Sicherheitsarchitektur.“