Syrische Soldaten rücken nahe an die strategisch wichtige Stadt Maarat al-Numaan. Tausende Flüchtlinge sind in verzweifelter Lage.

Amman/Washington. Die syrische Armee geht weiter mit aller Härte gegen die Protestanten vor. Nach der Niederschlagung der Proteste in der Stadt Dschisr al-Schughur rückten die Truppen auf eine weitere Protest-Hochburg im Norden des Landes vor. Truppenverbände bewegten sich Augenzeugen zufolge am Dienstag unterstützt von Panzern und Hubschraubern auf die Stadt Maarat al-Numaan zu. In Dörfern entlang der Strecke seien Hunderte Menschen verhaftet worden, berichteten Anwohner. Die Stadt liegt strategisch bedeutsam an der Fernstraße von der Hauptstadt Damaskus in die zweitgrößte Stadt Aleppo.

Zahlreiche Menschen hatten in den vergangenen Wochen in Maarat al-Numaan gegen die Herrschaft von Präsident Baschar al-Assad protestiert. Anwohner berichteten, weitere Soldaten seien mit Hubschraubern in eine Militärbasis nahe der Stadt gebracht worden. Die Armee habe erklärt, in Maarat al-Numaan 360 Menschen festnehmen zu wollen, die auf einer Liste Verdächtiger stünden.

Insgesamt sind seit Beginn der Proteste in Syrien vor drei Monaten bereits 1300 Zivilisten und 300 Soldaten getötet worden. Das berichten syrische Menschenrechtsgruppen. Die jüngste Offensive startete das Militär, nachdem in der Proteststadt Dschisr al-Schughur 120 Soldaten getötet worden waren. Einwohnern zufolge kam es zu einer Meuterei unter den Truppen, weil einige Soldaten nicht auf demonstrierende Regierungsgegner schießen wollten. Die Führung in Damaskus machte dagegen bewaffnete Banden für den Tod der Soldaten verantwortlich und entsandte neue Truppen.

Das Nachbarland Türkei ist wegen des Militäreinsatzes mit Flüchtlingsströmen konfrontiert. Mittlerweile sind mehr als 8500 Syrer in die Türkei gekommen. Nach Berichten von Augenzeugen halten sich zudem etwa 10.000 weitere Flüchtlinge nahe der Grenze auf. Die Lage der Menschen ist verzweifelt: Viele harren in strömendem Regen ohne Schutz mit kleinen Kindern aus. „Unser Kind ist krank, es gibt keine Medizin, kein Essen“, sagte eine Mutter in einem der Lager im türkischen Guvecci einer Reuters-Reporterin.

Die Bemühungen um eine einheitliche Linie der internationalen Gemeinschaft in der Syrien-Krise kamen unterdessen nicht voran. In New York versuchte die französische UN-Delegation die Unterstützung weiterer Sicherheitsratsmitglieder für einen Resolutionsentwurf zu gewinnen, die das Regime von Assad wegen des brutalen Vorgehens verurteilt. Brasilien, Indien und Südafrika haben allerdings Bedenken gegen den Text geltend gemacht, den Großbritannien, Frankreich, Portugal und Deutschland vorgelegt haben. Russland und China erwägen sogar ein Veto einzulegen, sollte der Entwurf zur Abstimmung gestellt werden.

In Deutschland stieß diese Haltung auf scharfe Kritik. „Es ist absolut verantwortungslos, dass Russland und China eine Verurteilung des Regimes in New York verhindern“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Ruprecht Polenz, der Nachrichtenagentur Reuters. „Es ist sehr bedauerlich, dass der UN-Sicherheitsrat anders als bei Libyen keine Beschlüsse fasst“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD, Rolf Mützenich.

Der Iran – engster Verbündeter Assads – machte die USA und Israel für die Spannungen in Syrien verantwortlich. Sie würden terroristische Gruppen anstacheln, um die Lage zu destabilisieren, erklärte das Außenministerium in Teheran.

Clinton kritisiert erneut iranische Hilfe für syrisches Regime

Die US-Regierung hat den Iran erneut hart dafür kritisiert, Syriens Machthaber Baschar al-Assad bei Gewaltakten gegen seine eigene Bevölkerung zu helfen. „Iran unterstützt die bösartigen Angriffe des Assad-Regimes auf friedliche Demonstranten und die Militäraktionen gegen die eigenen Städte“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton am Dienstag nach einer in Washington verbreiteten Mitteilung.

Die Zusammenarbeit der USA mit internationalen Gemeinschaft, um den Druck auf Assad zu erhöhen, solle das Ziel verfolgen, die Bürger in Syrien und im Iran bei ihrem Streben nach Freiheit zu unterstützen, sagte Clinton weiter.

Den Iran und Syrien verbindet eine langjährige Allianz, die sich gegen westliche Einflussversuche und gegen Israel richtet. (rtr/dpa/abendblatt.de)