Die Menschenrechts-Organisation fordert schärfere Exportkontrollen. Kanzlerin Merkel verweigerte Auskünfte über Waffenexporte.

London/Hamburg. Deutschland und 16 weitere Staaten haben nach Angaben von Amnesty International große Mengen Waffen in den Nahen Osten und nach Nordafrika geliefert, die jetzt zur Unterdrückung friedlicher Proteste eingesetzt würden. In einem Bericht, den die Menschenrechtsorganisation an diesem Mittwoch veröffentlicht, werden allein deutsche Exportgenehmigungen im Wert von 77 Millionen Euro aufgezählt, unter anderem für Kleinwaffen, Munition und Militärfahrzeuge. Die Zahlen beziehen sich auf den Zeitraum von 2005 bis 2009. „Diese Waffenlieferungen sind genehmigt worden, obwohl schon damals ein erhebliches Risikos bestand, dass mit diesen Waffen Menschenrechtsverletzungen begangen werden“, sagt Mathias John, der Rüstungsexperte der Organisation.

In der hundertseitigen Studie untersucht Amnesty Rüstungslieferungen nach Ägypten, Bahrain, Jemen, Libyen und Syrien. Die wichtigsten Exportstaaten waren neben Deutschland Belgien, Bulgarien, Frankreich, Großbritannien, Italien, Österreich, Russland, Tschechien und die USA. Sie alle lieferten Waffen, Munition und andere Ausrüstung, mit deren Hilfe Polizei und Militär friedliche Demonstranten getötet, verletzt oder willkürlich verfolgt haben.

„Wenn jetzt Waffenembargos verhängt werden, dann kommt das zu spät und ist zu wenig“, sagte John. „Unsere Untersuchung macht erneut deutlich, dass die bestehenden Exportkontrollen nicht ausreichen. Wir brauchen dringend ein wirksames internationales Waffenhandelsabkommen. Dabei muss gelten: Es dürfen keine Rüstungsgüter geliefert werden, wenn das Risiko besteht, dass der Empfänger damit schwere Menschenrechtsverletzungen begeht.“ Amnesty fordert die Bundesregierung auf, sich weiterhin für ein umfassendes internationales Waffenhandelsabkommen einzusetzen.

Notwendig sei aber auch, dass Deutschland schon jetzt eine verbindliche Menschenrechtsklausel anwendet. „Die Regierung muss den Bundestag in den Genehmigungsprozess einbeziehen und über ihre Maßnahmen zur Sicherung der Menschenrechte bei Exportgenehmigungen Rechenschaft abgelegen“, forderte John. Die Bundesregierung hatte zuletzt mit Hinweis auf Geheimhaltungsvorschriften die Auskunft über die Genehmigung von Waffenexporten nach Saudi-Arabien verweigert . (dapd/abendblatt.de)