Schwarz-gelbe Regierung stößt mit dem geplanten Verkauf von 200 “Leopard“-Panzern nicht nur bei der Opposition auf scharfe Ablehnung.

Berlin/Hannover. Der umstrittene Verkauf von deutschen "Leopard"-Kampfpanzern an Saudi-Arabien liegt der Regierungskoalition weiterhin schwer im Magen. Das Rüstungsgeschäft stößt sowohl bei der Opposition als auch außerhalb des Parlaments auf scharfe Ablehnung. Auch in der Koalition macht sich Unbehagen breit und es wird immer mehr Kritik laut. Experten und die beiden Amtskirchen warnten ebenfalls vor dem Rüstungsgeschäft. Darf Deutschland überhaupt Waffen an Diktaturen liefern? Der Panzerdeal mit Saudi-Arabien wird heute (Mittwoch) den Bundestag beschäftigen. Auf Antrag der Opposition soll dazu eine Aktuelle Stunde stattfinden. Die Bundesregierung schweigt sich bislang weiter aus.

Offenbar hat sich die Bundesregierung für den Verkauf von 200 "Leopard“-Kampfpanzern an Saudi-Arabien die Zustimmung Israels und der USA eingeholt. Beide Staaten seien vor der Entscheidung im Bundessicherheitsrat am 27. Juni über das Geschäft informiert worden und hätten keine Bedenken angemeldet, schreibt die "Süddeutsche Zeitung“ (Mittwochausgabe) unter Berufung auf Regierungskreise.

Experten schätzen den Wert des Geschäfts auf mindestens 1,7 Milliarden Euro. Die Panzer werden von den deutschen Konzernen Kraus-Maffei Wegmann und Rheinmetall gebaut. Beteiligt sind zahlreiche Zulieferer. Heikel ist das Geschäft vor allem, weil das autoritär regierte Saudi-Arabien jüngst bei der Niederschlagung von Protesten im Golf-Staat Bahrain mitgeholfen hat, während die Bundesregierung die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt unterstützt.

Roth nennt Deal "schlicht und einfach illegal“

Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth nannte den Deal einen Verstoß gegen die Kriterien der Rüstungsexportrichtlinien. "Das ist schlicht und einfach illegal“, sagte sie der "Passauer Neuen Presse“ (Mittwochausgabe). Demnach seien sowohl Waffenexporte in Krisengebiete als auch Ausfuhren in Länder, in denen Menschenrechte mit Füßen getreten werden, untersagt. "All das trifft auf Saudi-Arabien zu.“

Die Grünen-Europaabgeordnete Barbara Lochbihler warnte in der "Neuen Presse“ (Mittwochausgabe) aus Hannover: "Deutschland macht sich hier zum Helfer der saudischen Diktatur.“ Man könne nicht in eine Region, die so in Aufruhr ist, Waffen schicken, sagte die frühere Chefin von Amnesty International in Deutschland.

Zuvor hatte bereits der ehemalige FDP-Parteichef Wolfgang Gerhardt kritisiert, es sei "nicht vertretbar“, dass 93 FDP-Parlamentarier in die Sommerpause geschickt werden, ohne zu wissen, worum es bei dem Panzergeschäft gehe. Ex-Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) mahnte, Menschenrechtsgesichtpunkte dürften nicht vernachlässigt werden.

SPD warnt vor Schaden für die deutsche Außenpolitik

Der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich sagte am Mittwoch dem Hörfunksender MDR Info, das Geschäft verstoße nicht nur gegen die Rüstungsexportrichtlinien, sondern schade der deutschen Außenpolitik. Scharfe Kritik kam auch von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Dieser nannte den Panzerdeal "kurzsichtig“.

Auch die Kirchen warnten vor dem Geschäft. "Deutsche Waffen gehören nicht in Spannungsgebiete. Sie gehören auch nicht in die Hände von Regierungen, die sich nicht verlässlich für die Menschenrechte engagieren“, sagte der Trierer Bischof Stephan Ackermann, Vorsitzender der Kommission "Justitia et Pax“ der katholischen Kirche, der "Passauer Neuen Presse“ (Mittwochausgabe).

Ähnlich äußerte sich die Evangelische Kirche. "Wenn deutsche Leopard-Panzer exportiert und dazu eingesetzt werden, Barrikaden aus dem Weg zu räumen und Demonstrationen zu unterbinden, dann tragen wir auch die Mitverantwortung für Menschenrechtsverletzungen“, erklärte Pastor Renke Brahms, Friedensbeauftragter der Evangelischen Kirche in Deutschland, der Zeitung.

Experte warnt vor Panzereinsatz im Inneren Saudi-Arabiens

Der Saudi-Arabien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, warnte vor dem Einsatz der Panzer zur Aufstandsbekämpfung im Inneren Saudi-Arabiens. Militärisch könnten die Saudis "die Panzer gar nicht nutzen, weil sie zu wenig qualifizierte und motivierte Soldaten haben“, sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwochausgabe).

Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, Michael Brzoska, sieht in der mutmaßlichen Panzerlieferung eine Wende in der deutschen Rüstungspolitik. Bereits im Koalitionsvertrag von Union und FDP habe sich abgezeichnet, dass mehr Rüstungsexporte genehmigt werden sollen, sagte er NDR Info.

Grüne-Europaabgeordnete kritisiert deutschen Panzer-Deal

Das mutmaßliche deutsche milliardenschwere Rüstungsgeschäft mit Saudi-Arabien sorgt für immer stärkere Aufregung. Die Grünen- Europaabgeordnete Barbara Lochbihler kritisiert den Panzerdeal in der "Neuen Presse“ (Mittwochausgabe) aus Hannover scharf. "Deutschland macht sich hier zum Helfer der saudischen Diktatur“, sagte die frühere Chefin von Amnesty International in Deutschland.

Die Menschenrechtsexpertin machte auf die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien aufmerksam. Es gebe Auspeitschungen oder Hinrichtungen nach konservativer Auslegung des islamischen Rechts sowie eine völlige Unterdrückung von Pressefreiheit oder Frauenrechten.

Lochbihler sagte: "Was neu hinzu kommt: Riad mischt bei den arabischen Aufständen auf der Seite der Herrschenden mit. Die Saudis sind in Bahrein einmarschiert, es wurden dort Waffen und Panzer gegen friedliche Demonstranten eingesetzt.“ (dapd/dpa/abendblatt.de)