Die Präsidentin Liberias erhält gemeinsam mit den Bürgerrechtlerinnen Tawakkul Karman und Landsfrau Leymah Gbowee den Friedensnobelpreis.

Oslo/Monrovia. Drei entschlossene Vorkämpferinnen für Demokratie und Frauenrechte werden in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das norwegische Nobelpreis-Komitee sprach den renommierten Preis am Freitag der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf, der liberianischen Friedensaktivistin Leymah Gbowee und der jemenitischen Journalistin Tawakkul Karman zu. Die Drei erhalten den Preis „für ihren gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und für die Rechte von Frauen für volle Teilnahme an friedensbildender Arbeit“.

Politiker in Deutschland und der EU nannten die Auszeichnung der Preisträgerinnen ein wichtiges Signal zur Stärkung der Frauenrechte. Bundespräsident Christian Wulff sprach von einem Zeichen für die entscheidende Rolle von Frauen in Demokratiebewegungen in der arabischen Welt und in Afrika.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte: „Ich finde es ein sehr gutes Signal, dass drei Frauen, die international viel geleistet haben, in diesem Jahr den Friedensnobelpreis bekommen. Und es wird hoffentlich viele Frauen, aber auch viele Männer weltweit ermutigen, sich auch für Freiheit und Demokratie und gegen Ungerechtigkeit einzusetzen.“

„Dies ist ein Sieg für die neue Demokratie in Afrika und der arabischen Welt“, erklärten EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Ratspräsident Herman van Rompuy in Brüssel. Die Entscheidung des norwegischen Nobelpreis-Komitees sei eine „Anerkennung der zentralen Rolle, die Frauen bei der Befriedung von Konflikten und demokratischen Transformation in aller Welt spielen“.

Johnson Sirleaf war erste demokratisch gewählte Staatschefin Afrikas

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Johnson Sirleaf wurde 2005 zur Präsidentin Liberias gewählt und war damit die erste demokratisch bestimmte Staatschefin Afrikas. Zum Zeitpunkt ihres Amtsantritts galt sie als Reformerin und Friedensstifterin. Vor den in diesem Monat anstehenden Wahlen sah sie sich jedoch Wahlfälschungsvorwürfen der Opposition ausgesetzt. Johnson Sirleafs Lager wies die Anschuldigungen zurück.

„Das stärkt mein Engagement für die Aussöhnung“, sagte Johnson Sirleaf am Freitag in der liberianischen Hauptstadt Monrovia. „Die Liberianer sollten stolz sein.“

In Liberia tobte bis 2003 ein blutiger Bürgerkrieg. Auch nach dem Ende der Kampfhandlungen gilt die Lage in dem westafrikanischen Land als äußerst angespannt und UN-Blauhelme überwachen noch immer den fragilen Frieden.

Die liberianische Friedensaktivistin Gbowee gründete eine Organisation christlicher und muslimischer Frauen, die sich gegen die Kriegsherren im Bürgerkrieg richtete. Für ihren Einsatz für Frauenrechte wurde sie bereits 2009 mit dem sogenannten Profile in Courage Award ausgezeichnet.

Sie habe Frauen „über ethnische und religiöse Grenzen hinweg zusammengebracht, um den langen Krieg in Liberia zu beenden und Frauen die Teilnahme an Wahlen zu ermöglichen“, teilte das Nobelpreis-Komitee mit.

„Ich kenne Leymah als eine Kriegerin, die sich hervorwagt, wo andere sich nicht trauen würden“, sagte Gbowees Assistentin Bertha Amanor. „So fair und geradeheraus – und ein sehr netter Mensch.“

Die 32-jährige Jemenitin Karman ist Vorsitzende der Organisation Journalistinnen ohne Ketten. Sie gilt als führende Persönlichkeit der seit Januar andauernden Proteste gegen Präsident Ali Abdullah Saleh. Ihre Auszeichnung sollte offenbar als Signal verstanden werden, dass sowohl Frauen als auch der Islam eine wichtige Rolle in der Protestwelle gegen die autoritären Regime in der arabischen Welt spielen.

Bedeutung der Frauen für Proteste im arabischen Raum gewürdigt

Der Friedensnobelpreis für Karman sei „ein Zeichen, dass der Arabische Frühling ohne die Beteiligung von Frauen nicht erfolgreich sein kann“, sagte der Vorsitzende des Nobelpreis-Komitees, Thorbjörn Jagland. Dass mit Karman eine strenggläubige Muslimin zu den Preisträgerinnen gehört, wurde zudem als Hinweis auf die Bedeutung des Islams für die Protestbewegungen in der Region verstanden.

„Ich bin sehr froh über diesen Preis“, sagte die dreifache Mutter der Nachrichtenagentur AP am Freitag. „Ich widme diesen Preis der revolutionären Jugend im Jemen und dem jemenitischen Volk.“

Beobachter werteten die Auszeichnung Karmans als Anerkennung der zahlreichen Aktivisten des sogenannten Arabischen Frühlings. Seit Anfang des Jahres hatte eine Protestwelle die Regime in Tunesien, Ägypten und Libyen gestürzt. Im Jemen und in Syrien halten sich die autoritären Regierungen jedoch weiterhin an der Macht.

Jagland hob hervor, dass sich Karman bereits lange vor Beginn des Arabischen Frühlings für Bürgerrechte engagiert hatte. „Viele Jahre vor Beginn der Revolution hat sie sich gegen eines der autoritärsten Regime der Welt erhoben“, sagte er.

Das Nobelpreis-Komitee betonte in seiner Begründung die tragende Rolle der Frauen in gesellschaftlichen Reformprozessen. „Wir können keine Demokratie und dauerhaften Frieden in der Welt erreichen, wenn Frauen nicht die gleichen Möglichkeiten wie Männer haben, um die Entwicklungen auf allen Ebenen der Gesellschaft zu beeinflussen“, hieß es in einer Stellungnahme.

Begründung für den Friedensnobelpreis im Wortlaut:

"Das norwegische Nobelkomitee hat entschieden, dass der Friedensnobelpreis 2011 zu drei gleichen Teilen vergeben wird an Ellen Johnson-Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman für ihren gewaltfreien Kampf für die Sicherheit von Frauen und für das Recht der Frauen auf volle Beteiligung an friedensbildender Arbeit. Wir können Demokratie und dauerhaften Frieden auf der Welt nicht erreichen, wenn Frauen nicht dieselben Möglichkeiten wie Männer zur Beeinflussung von Entwicklungen auf allen Ebenen der Gesellschaft bekommen.

Im Oktober 2000 hat der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1325 verabschiedet. Diese Resolution hat die Gewalt gegen Frauen bei bewaffneten Konflikten zum ersten Mal zu einer Sicherheitsfrage erklärt. Sie unterstreicht den Notwendigkeit, dass Frauen in gleicher Weise wie Männer an Friedensprozessen und an Friedensarbeit generell beteiligt werden.

Ellen Johnson-Sirleaf ist die erste demokratisch gewählte Präsidentin in Afrika. Seit ihrer Amtseinsetzung 2006 hat sie zur Sicherung des Friedens sowie zur Förderung von wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung sowie zur Stärkung der Rolle von Frauen in Liberia beigetragen.

Leymah Gbowee hat Frauen über ethnische und religiöse Grenzen hinweg zusammengebracht für die Beendigung des langwierigen Bürgerkrieges und eine Beteiligung von Frauen an Wahlen in Liberia. Sie hat seitdem daran mitgearbeitet, den Einfluss von Frauen im westlichen Afrika im und nach dem Krieg zu stärken.

Unter extrem schwierigen Bedingungen hat Tawwakul Karman sowohl vor als auch während des 'Arabischen Frühlings' eine führende Rolle beim Kampf für die Rechte von Frauen sowie für Demokratie und Frieden im Jemen gespielt.

Es ist die Hoffnung des norwegischen Nobelkomitees, dass der Preis an Ellen Johnson-Sirleaf, Leymah Gbowee und Tawakkul Karman dabei mithilft, die Unterdrückung von Frauen zu beenden, die es weiter in vielen Ländern gibt, und das große Potenzial für Frieden und Demokatrie zu erkennen, das Frauen repräsentieren können."

Mit Material von dpa und dapd