Er war Obamas berühmtester General und Kriegsheld im Irak und Afghanistan. Nun soll David Petraeus CIA-Agenten statt Soldaten losschicken.
Washington. Wer vom US-Präsidenten zu hören bekommt, eine „historische Karriere“ hingelegt zu haben, und als einer der größten Kriegshelden seines Landes gilt, der könnte mit gutem Gewissen in den Ruhestand gehen. Doch auf David Petraeus wartet jetzt nach 37 Jahren in der US-Armee eine neue, gewaltige Herausforderung. Barack Obama entließ seinen berühmtesten General zwar in der vergangenen Woche voller Lobpreis aus dem Militärdienst. Aber nur, um ihn im gleichen Atemzug zum neuen Chef des Geheimdienstes CIA zu machen.
Als neuer Top-Spion des Landes soll Petraeus vor allem fortsetzen, was er zuletzt rund ein Jahr als Oberkommandierender über 140.000 Nato-Soldaten in Afghanistan versuchte. Die terroristische Bedrohung eindämmen, Feinde wie al-Qaida zerstören.
Künftig jedoch bewegt er sich dabei auf unbekanntem Terrain. Die Central Intelligence Agency soll Gefahren für die USA rund um den Globus aufdecken und unschädlich machen, aber möglichst ohne gleich ein ganzes Heer an Soldaten loszuschicken. Kriege führt sie höchstens im Verborgenen.
Dennoch: „Ich wollte diesen Job“, sagte er US-Senatoren, die ihn nach mehreren Bewerbungsanhörungen im Juni für das Amt bestätigten. In Washington gilt als sicher, dass Obama mit dem 58-Jährigen die richtige Wahl getroffen hat. Petraeus ist mehr als ein exzellenter Militärstratege. Er hat einen Hang zur Politik, absolvierte die Elite-Militärakademie West Point, besuchte die Princeton University und machte seinen Doktor im Bereich „Internationale Angelegenheiten“.
Zudem gilt er als intellektuell und besitzt eine diplomatische Ader. In der US-Hauptstadt hat er viele persönliche Beziehungen zu Kongressmitgliedern aufgebaut. Kritikern, die meinen, Petraeus würde die CIA weiter als sie es ohnehin schon sei zu einer militärischen Organisation umbauen, begegnet er mit Widerspruch. Er sei nur deshalb aus dem Militär ausgeschieden, um nicht mehr als der Mann in Uniform zu gelten, sagte er jüngst in einem Interview des „Pentagon-Channel“.
So schnell wie seine Uniform dürfte es ihm jedoch nicht gelingen, das Soldaten-Image abzustreifen. Berühmt wurde der nun pensionierte Vier-Sterne-General, als er die 101. Luftlandedivision im Irak-Krieg nach Bagdad führte und den fast schon aussichtslosen Kampf gegen die Aufständischen drehte. Dass er sich im vergangenen Jahr nach seinem Irak-Einsatz erneut als Kommandeur in einen Krieg schicken ließ, der schwer zu gewinnen ist, brachte ihm zusätzlichen Respekt ein.
Wie schon in seinen Irak-Zeiten legte Petraeus in Afghanistan großen Wert auf die Zusammenarbeit mit der zivilen Seite, ein Schlüssel für die von ihm entwickelte Kriegsstrategie. Mit Begeisterung, so heißt es, widmete er sich auch sozialen Programmen wie dem Bau von Schulen, ebenfalls ein Pfeiler seines Anti-Rebellen-Konzepts. Nach langem Siechtum feierten die USA unter ihm schließlich Fortschritte im Kampf gegen die Taliban und planen selbstbewusster denn je den schrittweisen Truppenabzug bis 2014.
Heikel dürfte für Petraeus in seinem neuen Job werden, dass viele seiner künftigen Untergebenen die Erfolge am Hindukusch wesentlich skeptischer einschätzen. In einer Untersuchung kam die CIA jüngst zum Schluss, dass die Nato in Afghanistan feststecke, gegen die radikal-islamischen Taliban kaum noch ankomme. Der neue Chef teilte die Einschätzung seiner Geheimdienst-Analysten nicht, versprach aber, sie öffentlich natürlich zu vertreten. Daran muss Petraeus sich wohl gewöhnen: ein Behördenchef ist kein Oberkommandierender. (dpa)