Die Amerikaner suchten ihn „tot oder lebendig“. Der Hass-Prediger aus dem Jemen war auch als Nachfolger von Osama Bin Laden im Gespräch.
Kairo/Sanaa. Knapp vier Monate nach dem Tod Osam bin Ladens haben die USA ein weiteres hochrangiges Mitglied des Terrornetzwerks Al Kaida getötet. Der in den USA geborene militante Al-Kaida-Prediger Anwar al-Awlaki kam am Freitag bei einem Luftangriff einer US-Spezialeinheit im Jemen ums Leben. Neben Awlaki wurde auch ein zweiter US-Extremist, Samir Khan, bei dem Angriff getötet.
US-Präsident Barack Obama sprach am Freitag von einem weiteren wichtigen Meilenstein im Kampf gegen Al Kaida. Den USA sei damit ein schwerer Schlag gegen den aktivsten Arm des Terrornetzwerks gelungen. Obama hatte Awlaki im April 2010 als ersten US-Bürger auf die CIA-Liste jener Personen gesetzt, die „tot oder lebendig“ gefangen genommen werden sollen.
Khan, der „Inspire“, das englischsprachige Online-Magazin der Al-Kaida, produzierte, war offensichtlich kein direktes Ziel des Angriffs. In seinem Magazin hatte Khan unter anderem Anleitungen zum Bau von Bomben veröffentlicht. Zwei weitere Extremisten in dem Konvoi wurden ebenfalls getötet. Deren Namen nannten beide Seiten zunächst nicht.
Ein geheimes Memorandum des US-Justizministeriums hat nach einem Zeitungsbericht die Tötung des Al-Kaida-Prediger Anwar al-Awlaki im Jemen erlaubt. Wie die „Washington Post“ am Freitag online berichtete, sei das Dokument erstellt worden, nachdem die rechtlichen Bedenken geprüft worden seien. Es habe keinen Dissens über die Rechtmäßigkeit der Tötung des in den USA geborenen Predigers von einer Drohne gegeben, schrieb das Blatt unter Berufung auf US-Beamte. In das Verfahren seien hochrangige Juristen aus der Regierung eingebunden gewesen.
Awlaki galt seit dem Tod Bin Ladens im Mai als einer der ranghöchsten Mitglieder der Al-Kaida-Führung hinter der neuen Nummer eins Aiman al-Sawahiri. US-Verteidigungsminister Leon Panetta sagte im Juli, Awlaki stehe mit Sawahiri auf der Liste der weltweit meistgesuchten Terroristen der USA.
Die Operation, bei der Awlaki am Freitag ums Leben kam, wurde von der selben US-Eliteeinheit ausgeführt, die auch bin Laden getötet hatte. Sie hatte Awlaki dazu drei Wochen lang verfolgt, am Freitag flog ein US-Kapmpfjet hinter dem Konvoi her, bevor bewaffnete Drohnen den Angriff schließlich ausführten. Die jemenitische Regierung erklärte, Awlaki sei außerhalb der Stadt Chaschef in der Gebirgsregion Dschauf getötet worden – etwa 140 Kilometer östlich der Stadt Sanaa. Zuvor waren mindestens zwei Mal Anschläge der USA auf sein Leben fehlgeschlagen.
Amerikanische Bürgerrechtler kritisierten den tödlichen Angriff auf Awlaki. Der US-Bürger habe weder einen Prozess bekommen, noch sei er eines konkreten Verbrechens angeklagt worden. Awlakis Vater hatte US-Präsident Barack Obama und weitere Regierungsmitglieder wegen der Verfolgung seines Sohnes vergangenes Jahr verklagt.
Awlaki warb Attentäter an
Nach dem Angriff am Freitag präzisierte ein Vertreter der US-Regierung die Verwicklung Awlakis in die Aktivitäten der Al Kaida. Er hatte nach Einschätzung Washingtons die Al-Kaida-Zelle im Jemen zur derzeit größten terroristische Gefährdung für die USA gemacht. Die von einem militanten Jemeniten, Nasser al Wahischi, geführte Zelle soll einige misslungene Anschläge in den USA geplant haben, darunter die gescheiterte Sprengung eines Passagierflugzeugs an Weihnachten 2009. Awlaki soll dabei für die Anwerbung der späteren Attentäter verantwortlich gewesen sein.
In englischen Predigten im Internet hatte Awlaki immer wieder zum „heiligen Krieg“ gegen die USA aufgerufen. Nach Einschätzung Washingtons hatte er aber in den vergangenen Jahren immer mehr eine direkte operative Rolle übernommen.
Awlaki war als Sohn jemenitischer Eltern im US-Staat New Mexico geboren worden, bei seinen Predigten in San Diego lernte er unter anderem zwei der späteren Attentäter vom 11. September kennen.
Der Schlag gegen Awlaki sei durch die seit einigen Wochen deutlich verbesserte Zusammenarbeit mit Sanaa möglich geworden, hieß es am Freitag aus US-Geheimdienstkreisen. Der dortige Präsident Ali Abdullah Saleh sperrt sich seit Monaten gegen seinen in landesweiten Protesten geforderten Rücktritt. (dapd/dpa/abendblatt.de)