Alt-Bundespräsident kritisierte Kanzlerin Merkel und ihr fehlendes Charisma. Die EU-Kommission müsse bei Haushaltsfragen mitreden.
Hamburg/Berlin. Der frühere Bundespräsident Roman Herzog hat eine Volksabstimmung über die weiteren Schritte zur europäischen Integration gefordert und zugleich Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel geübt. „Vertrauen entsteht, wenn der Eindruck entsteht: Da führt jemand, der weiß ungefähr, wo es hingeht. Frau Merkel beginnt jetzt zu erklären – zwei Jahre zu spät. Ohne ein bisschen Charisma wird es auch nicht gehen“, sagte Herzog der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Ja, ich bin für eine Volksabstimmung in diesen Fragen“, sagte Herzog. Er sprach sich außerdem dafür aus, Staats- und Investitionsquoten künftig auf europäischer Ebene festzulegen und zu kontrollieren. „Wir brauchen eine Mitsprache der Europäischen Kommission in Haushaltsfragen“, sagte Herzog, der von 1994 bis 1999 Bundespräsident war.
Die Bundesregierung hat derweil ihren Anspruch bekräftigt, bei der Abstimmung im Bundestag über das Euro-Rettungspaket Ende September eine eigene, schwarz-gelbe Mehrheit zu erreichen. „Die Bundesregierung wird eine eigene Mehrheit haben“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Zuvor hatten Äußerungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für Irritationen gesorgt. Schäuble hatte gesagt, von einer eigenen, schwarz-gelben Mehrheit hänge der Fortbestand der Regierung nicht ab.
Schäuble sagte der „Berliner Zeitung“, wegen der Zustimmung von SPD und Grünen sei eine Mehrheit von 80 Prozent für das Gesetz im Bundestag wahrscheinlich. „Wenn wir keine größeren Probleme haben als die Frage, ob die Mehrheit am 29. September 80 oder 85 Prozent beträgt, geht es dem Land gut.“ Sein – neuer – Sprecher Martin Kreienbaum sagte zu Fragen nach Schäubles Position, auch der Minister sei „sehr zuversichtlich“, dass die Koalition eine eigene Mehrheit erreiche. (dpa/dapd)