Die Untersuchung zur Gaza-Hilfsflotte löst ein diplomatisches Erdbeben aus. Es droht eine Eiszeit zwischen Israel und der Türkei.
New York. Wenige Stunden vor der geplanten Veröffentlichung des Uno-Berichts über den blutigen israelischen Militäreinsatz gegen eine Gaza-Hilfsflotte im vergangenen Jahr hat die Türkei den israelischen Botschafter ausgewiesen. Die Regierung in Ankara begründete die Entscheidung damit, dass sich Israel nicht für den Einsatz mit neun Toten entschuldigt hat. Außerdem wird die militärische Zusammenarbeit mit der Regierung in Jerusalem auf Eis gelegt.
Außenminister Ahmet Davutoglu erklärte, die diplomatischen Beziehungen zu Israel würden künftig auf die Ebene der Staatssekretäre beschränkt. Der israelische Botschafter werde die Türkei bis Mittwoch verlassen. „Es ist Zeit, dass Israel einen Preis zahlt“, sagte Davutoglu. Das einst enge Verhältnis der beiden Staaten hatte sich nach dem Militäreinsatz gegen die Gaza-Hilfsflotte, bei dem im Mai 2010 neun türkische Aktivisten getötet wurden, deutlich verschlechtert.
Die Regierung in Jerusalem lehnt eine Entschuldigung kategorisch ab. In dem für diesen Freitag erwarteten Uno-Bericht werde keine israelische Entschuldigung gefordert, erklärte eine Gewährsperson. Israel hoffe, dass beide Staaten „zu der Zusammenarbeit zurückkehren, die der Eckpfeiler der regionalen Stabilität war“. Die Regierung geht den Angaben zufolge davon aus, dass der Bericht im Lauf des Tages von den Vereinten Nationen veröffentlicht werde.
Die „New York Times“ berichtete, in dem Dokument würden Israel und die Türkei aufgefordert, ihre diplomatischen Beziehungen wieder in vollem Umfang aufzunehmen und ihr Verhältnis mit Blick auf die Stabilität im Nahen Osten und auf internationalen Frieden und Sicherheit wiederherzustellen. Der Bericht stützt dem Blatt zufolge die Position Israels, dass die Seeblockade des Gazastreifens angesichts der Bedrohung durch militante Palästinenser eine „legitime Sicherheitsmaßnahme“ sei.
Während sich die meisten Passagiere der Hilfsflotte friedlich verhalten hätten, sei eine kleine Gruppe auf organisierte Widerstand vorbereitet und unter anderem mit Eisenstangen und Ketten bewaffnet gewesen, schrieb die „New York Times“ weiter. Es gebe außerdem Hinweise darauf, dass sie Messer benutzt hätten. Dennoch sei die von Israel angewendete Gewalt „exzessiv und unangemessen“ gewesen.
Der israelische Einsatz gegen das Schiff „Mavi Marmara“ rief damals international Empörung hervor. In der Folge lockerte Israel Restriktionen bei der Lieferung von Gütern in den Gazastreifen über den Landweg. Die Seeblockade des Autonomiegebiets wurde aber beibehalten. (dapd)