Christian Lindner sagte eine Pressekonferenz ab, Rösler bekannte sich erneut zu seiner Mannschaft. Die FDP will eine weitere Diskussion um Westerwelle eindämmen.
Berlin. Wenn es nach der FDP-Spitz geht, soll die Personaldebatte um Außenminister Guido Westerwelle möglichst rasch beendet werden. Am Montag wurden alle öffentlichen Äußerungen vermieden, die eine weitere Diskussion befeuern könnten. Eine Pressekonferenz wurde eigens von FDP-Generalsekretär Christian Lindner abgesagt. Gleichzeitig verschärfte sich der Druck auf Westerwelle, der angebliche Rückzugspläne als „frei erfunden“ dementieren ließ. Parteichef Philipp Rösler machte deutlich, dass er Westerwelle weiter als Mitglied der Führungsriege der FDP sieht. „Es war meine wohl überlegte Entscheidung, uns mit diesem Team in der Bundesregierung zu bewähren; das gilt auch für den Bundesaußenminister“, sagte er der „Rheinischen Post“. Auch Kanzlerin Angela Merkel stellte sich hinter Westerwelle. „Die Bundeskanzlerin arbeitet mit ihrem Außenminister vertrauensvoll zusammen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Die Grünen forderten allerdings den Rücktritt Westerwelles. „Wir haben einen Außenminister, der Null-Komma-Null-Ansehen im Ausland genießt und jetzt auch den Rückhalt in seiner Partei, in der Bundesregierung verloren hat“, sagte Parteichefin Claudia Roth in Schwerin. Die SPD hingegen verzichtete auf eine direkte Rücktrittsforderung. Parteichef Sigmar Gabriel begründete dies damit, dass man dann konsequenterweise auch den Rücktritt Merkels fordern müsse, die ebenso für die Libyen-Politik stehe. Gabriel beklagte aber: „Es ist eine Schande, dass die FDP es zulässt, dass die deutsche Außenpolitik so ruiniert wird, weil sie nicht die Kraft aufbringt, sich von der Person des Außenministers zu lösen.“
+++ Kritik aus der CSU, Rückendeckung von der Kanzlerin +++
Rösler bekannte sich zu der Mannschaft, die er beim Führungswechsel im Mai als bestes Team für die Führung der FDP gepriesen hatte. Die zweite Botschaft lautet jedoch unmissverständlich, dass Westerwelle sich bewähren muss. Der Ex-FDP-Chef ist damit mehr denn je ein Minister auf Abruf. Schon im Frühjahr hatte die neue Parteispitze deutlich gemacht, dass Westerwelles Verbleib im Auswärtigen Amt nicht automatisch für die gesamte Wahlperiode gilt.
Westerwelle selbst ließ von seinem Sprecher einen Bericht dementieren, wonach er über einen Rücktritt nachdenke. Auch die FDP-Führung dementierte, dass Rösler deswegen bereits den Staatsminister im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer, als Nachfolger ausgeguckt habe. Dies sei „völliger Unsinn“.
Westerwelle ging zu Wochenbeginn den normalen Regierungsgeschäften nach, musste sich von seinem französischen Kollegen Alain Juppe unterschwellig aber für die von ihm forcierte deutsche Haltung in der Libyen-Frage kritisieren lassen. Der vielgescholtene Chefdiplomat gab sich einsichtig und zollte in einer Rede vor Diplomaten dem Beitrag Frankreichs und der Verbündeten bei der Durchsetzung der Libyen-Resolution des UN-Sicherheitsrats erneut Respekt. Am Wochenende hatte er nach internem Druck in einem Zeitungsbeitrag erstmals lobende Worte für die Alliierten gefunden.
Viele Parteimitglieder hatten vergangene Woche unter der Hand ihren Unmut über Westerwelle zum Ausdruck gebracht . Sie bemängeln, dass er die von Deutschland unterstützten Sanktionen als Erfolgsrezept des Umschwungs in Libyen darstellte, den Einsatz der Nato aber mit keinem Wort gewürdigt hatte.
RÜCKZUG WESTERWELLES WÄRE RÜCKSCHLAG FÜR RÖSLER
Die Parteispitze um Rösler, der sich am Sonntag in Telefonaten ein Stimmungsbild einholte, will die Debatte unter anderem deswegen nicht, weil in den nächsten Wochen wichtige Entscheidungen zur Euro-Rettung anstehen. Die Liberalen möchten nicht Gefahr laufen, in dieser Phase durch interne Auseinandersetzungen die Regierungsarbeit zu gefährden. Zudem hat die FDP leidlich erfahren müssen, dass zu viel Selbstbeschäftigung bei den Wählern nicht gut ankommt. Am Sonntag wird in Mecklenburg-Vorpommern gewählt, zwei Wochen später in Berlin.
Für Rösler gibt es noch einen weiteren Grund, an Westerwelle festzuhalten: Mit dem Abgang des Außenministers wäre Röslers Umbau der Führungsriege nach gerade mal drei Monaten gescheitert. Denn er und die junge Garde hatten sich ausdrücklich zu Westerwelle als Außenminister bekannt. Rösler sieht sich nach mehr als 100 Tagen im Amt ohnehin selbst dem Vorwurf ausgesetzt, der Partei bislang kaum Popularitätszuwächse beschert zu haben.
Rösler versucht, trotz Westerwelles Verbleib als Parteivorsitzender Stärke zu zeigen. Seinen Vorgänger düpierte er öffentlich, indem er anders als Westerwelle den Verbündeten für ihr Einschreiten gegen Gaddafis Truppen tiefen Respekt und Dankbarkeit aussprach. Nicht ausgeschlossen ist, dass sich auch die Herbstklausur der FDP-Fraktion ab Dienstag in Bergisch Gladbach mit Westerwelles Zukunft befassen wird. (abendblatt.de/reuters)