Neuer Koalitionskrach? Der Innenminister (CSU) will die Sicherheitsgesetze dauerhaft verankern - FDP die Bürgerrechte verteidigen.
Berlin. Im koalitionsinternen Dauerstreit über die Anti-Terror-Gesetze hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich klargestellt, dass er keine Verschärfung plant. Das Justizministerium reagierte erleichtert auf die Ankündigung des CSU-Politikers. „Das dürfte den weiteren Verlauf der schwierigen Abstimmungsgespräche befördern“, erklärte ein Sprecher aus dem Hause von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Donnerstag in Berlin. Die Differenzen über eine Verlängerung der Gesetze sind damit aber noch nicht beigelegt.
Denn Friedrich betonte auch, dass er die Anti-Terror-Gesetze verlängern will. „Die aktuelle Sicherheitslage allerdings erlaubt keine Aufhebung der von Rot-Grün verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze, so wie die FDP das will“, erklärte er. Aus seinem Ministerium hieß es dazu, die bisherige Praxis zeige, dass sich die Gesetze grundsätzlich bewährt hätten. Die Erfahrungen der Vergangenheit würden natürlich in die Bewertung einfließen.
Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ist grundsätzlich auch für eine Verlängerung, wehrt sich aber dagegen, dies „pauschal“ zu tun. Parteikollegen eilten der FDP-Politikerin am Donnerstag zur Hilfe. Generalsekretär Christian Lindner erklärte, eine „pauschale Verlängerung der sogenannten Anti-Terror-Gesetze und oder gar deren Verschärfung lehnen wir ab“. Die Koalition habe bereits eine Evaluation dieser Gesetze veranlasst, „die erst politisch ausgewertet werden muss, bevor weitere Entscheidungen getroffen werden können. Die FDP lässt sich hier von nichts und niemandem unter Druck setzen“.
Die innenpolitische Sprecherin Gisela Piltz erklärte, ihre Fraktion werde einer unbefristeten Verlängerung aller Befugnisse ohne eine genaue Analyse nicht zustimmen. „Der Bundesinnenminister weiß, dass er für eine Entfristung der Maßnahmen die Mehrheit der schwarz-gelben Koalition braucht“, sagte die FDP-Politikerin. Bei einigen Befugnissen sei es schon aufgrund der „kaum erfolgten Nutzung in den letzten zehn Jahren höchst zweifelhaft“, ob sich noch gebraucht würden. Bei anderen müsse dringend geprüft werden, ob nicht ein milderes Mittel genauso effektiv wäre.
Zum Streit kommt auch noch der Zeitdruck. Im Mai, spätestens Anfang Juni muss es den Angaben zufolge einen Kabinettsbeschluss zu den Anti-Terror-Gesetzen geben. Anderenfalls laufen große Teile zum Januar 2012 aus. Die Gesetze waren von der rot-grünen Bundesregierung als Folge der Terror-Anschläge vom 11. September 2001 beschlossen worden. Die Sicherheitsbehörden bekamen damals erweiterte Befugnisse, auf Daten zuzugreifen.
Beobachter fragen sich, warum es nicht schon längst einen Entwurf gibt. Bereits im Rahmen der Koalitionsverhandlungen war im Herbst 2009 über das Thema gesprochen worden. Danach gab es eine Evaluierung durch den Juristen Heinrich Amadeus Wolff. Nominiert hatte ihn die FDP, Wolff hat aber auch einige Zeit im Bundesinnenministerium gearbeitet. Seine Ergebnisse sind Grundlage der Beratungen in beiden Ministerien.
Die Gespräche zwischen den Fachleuten beider Häuser laufen. Nach der Osterpause sollen sie fortgesetzt werden. Möglicherweise lieferte Friedrich mit einer weiteren Ankündigung die Vorlage für eine Besänftigung der Kritiker und damit für eine rechtzeitige Einigung. Statt einer Verschärfung sei an vielen Stellen „eine bessere Kontrolle durch die G10-Kommission geplant“, teilte der Minister mit Blick auf das Kontrollgremium des Bundestages mit, das die Rolle der deutschen Geheimdienste bei Eingriffen in das Post- und Fernmeldegeheimnis überwacht.