Nach Außenminister Kussa hat auch Botschafter Treki Libyen verlassen. Äußerung von Gaddafi: Militärallianz beschwört “Kreuzfahrerkrieg“ herauf.
Kairo. Einen Tag nach der Flucht des libyschen Außenministers Mussa Kussa nach London hat ein weiterer hochrangiger Politiker Machthaber Muammar al Gaddafi die Gefolgschaft aufgekündigt. Der frühere libysche Chefdiplomat Ali Abdessalam Treki war zum Botschafter Libyens bei den Vereinten Nationen ernannt worden, nachdem in der Frühphase des libyschen Volksaufstands zahlreiche Getreue Gaddafis übergelaufen waren.
In einer auf mehreren Webseiten der Opposition verbreiteten Stellungnahme erklärte Treki am Donnerstag, er wolle weder seinen neuen Posten noch irgendeinen anderen antreten. "Wir sollten unserem Land nicht einem ungewissen Schicksal überlassen“, sagte er. "Unsere Nation hat das Recht auf Freiheit, Demokratie und ein gutes Leben.“
Der stellvertretender Vertreter Libyens bei der UN, Ibrahim Dabbaschi, erklärte, Trekis Schritt sei längst überfällig gewesen. "Er ist ein bisschen spät dran. Wir hätten erwartet, dass er diesen Standpunkt vielleicht schon vor 10 Tagen einnimmt“, sagte Dabbaschi der Nachrichtenagentur AP. „Es ist gut, dass er sich dem libyschen Volk angeschlossen und seinen Bruch mit dem Regime verkündet hat.“
Nach Einschätzung von Dabbaschi wird es nicht bei den Rücktritten von Kussa und Treki bleiben. "Wir wissen, dass die meisten der hochrangigen libyschen Regierungsvertreter versuchen, überzulaufen, aber viele von ihnen mit strengen Sicherheitsvorkehrungen konfrontiert sind“, sagte er. "Sie können Libyen nicht verlassen, aber wir sind sicher, dass viele die Chance nutzen werden, sobald sie außer Landes sind.“
Namen nannte Dabbaschi nicht, erklärte jedoch, man habe "einige Hinweise, dass noch weitere Regierungsvertreter die Seiten wechseln werden.“ Dass hochrangige Politiker den Bruch mit dem libyschen Regime gerade jetzt und nicht zu Beginn der Proteste wagen, begründete er mit dem harschen Vorgehen Gaddafis gegen libysche Zivilpersonen.
Dabbaschi äußerte sich auch zur Flucht von Außenminister Kussa nach Großbritannien. "Dies ist ein schwerer Schlag für das Regime. Er (Kussa) hat viele geheime Informationen über das Regime und über das, was in Libyen seit dem 15. Februar passiert ist.“
Einen ähnlichen Standpunkt vertrat der frühere Vertreter der Arabischen Liga in Kairo, Abdel-Moneim al-Huni. Auch er desertierte kurz nach Beginn des libyschen Volksaufstands. "Kussa ist seit der 1970er einer der Säulen von Gaddafis Regime. Sein Überlaufen bedeutet, dass er wusste, dass Gaddafis Ende naht. Er wollte aus dem sinkenden Schiff springen.“
Die libysche Regierung bestätigte unterdessen den Rücktritt Kussas. Zuvor hatte sie dies noch bestritten und gesagt, Kussa sei in diplomatischer Mission nach Großbritannien geflogen. Regierungssprecher Mussa Ibrahim sagte am Donnerstag, Kussa habe persönliche Gründe gehabt, nun würden „andere Leute einspringen und den Job machen“.
Kussa war bereits am Montag nach Tunesien gereist. Hierzu habe er auch die Erlaubnis gehabt, da er an Diabetes und zu hohem Blutdruck leide, sagte Ibrahim. Dass der Außenminister von dort aus nach Großbritannien reisen wolle, habe die Regierung nicht gewusst. Kussa war am Mittwoch von Tunesien nach London geflogen.