Das zumindest berichten Mitarbeiter im Umkreis von Präsident Sarkozy. Die Europäische Union sperrt die Konten des Gaddafi-Clans.
Berlin. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy plädiert für gezielte Luftangriffe auf Libyen. Das berichten bisher mehrere Nachrichtenagenturen und berufen sich dabei auf nicht näher genannte Regierungskreise des Präsidenten. Einen entsprechenden Vorschlag wolle er den EU-Partnern auf dem Libyen-Sondergipfel in Brüssel unterbreiten. Außerdem sollten die Kommunikationssysteme der libyschen Streitkräfte gestört werden, hieß es weiter. Paris bemüht sich, in der Libyenkrise eine führende Rolle einzunehmen. Die französische Regierung war zuvor dafür kritisiert worden, dass sie auf die Revolutionsbewegungen in Tunesien und Ägypten nur zögerlich reagiert hatte.
Im Konflikt mit Machthaber Muammar Gaddafi war Frankreich bereits vorgeprescht und hatte als erstes EU-Land die Rebellen als Repräsentanten des libyschen Volkes anerkannt. Frankreich werde einen Botschafter nach Benghasi schicken und selber einen Gesandten des Nationalrates der Rebellen empfangen, sagte ein Vertreter des Amtes von Sarkozy. Bundesaußenminister Guido Westerwelle regierte zurückhaltend. Dafür seien noch nicht alle Voraussetzungen gegeben, machte er in Brüssel am Rande des Treffens der EU-Außenminister klar. Die Runde soll den EU-Sondergipfel zu den Krisen in nordafrikanischen Staaten am Freitag vorbereiten. In deutschen Regierungskreisen hieß es, die EU verfolge den Abtritt Gaddafis und demokratische Reformen.
Die EU hat aber ihre Sanktionen gegen das libysche Regime ausgeweitet. Von den Strafmaßnahmen seien fünf Finanzorganisationen sowie eine weitere Person betroffen, teilte die ungarische EU-Ratspräsidentschaft mit. Die Konten und Finanzquellen der Organisationen würden eingefroren oder gekappt. Die betroffene Person werde auf eine Liste mit bislang 26 Namen gesetzt, die die EU für die gewaltsame Niederschlagung der Zivilbevölkerung verantwortlich macht, hieß es. Die Liste, auf der auch Staatschef Gaddafi steht, war bereits vor anderthalb Wochen erstellt worden. Die Guthaben der Personen wurden bereits eingefroren, zudem gilt für sie ein Einreiseverbot in die EU. Die neuen Maßnahmen sollen morgen im offiziellen Journal der EU erscheinen und damit in Kraft treten.
Auch Deutschland hat libysches Vermögen in Milliardenhöhe eingefroren. Das erklärte das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erklärte: „Die gestern getroffenen Maßnahmen sind eine klare Reaktion auf die Entwicklungen in Libyen. Die brutale Unterdrückung der libyschen Freiheitsbewegung kann sich nun nicht mehr aus Geldern finanzieren, die bei deutschen Banken liegen.“ Die Bundesregierung setze so ein weiteres Zeichen dafür, dass sie fest an der Seite derjenigen sei, die Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Libyen forderten, fügte Brüderle hinzu.
Die Maßnahmen blockierten ein Vermögen in Milliardenhöhe. Der Beschluss verbiete bis auf weiteres Verfügungen über Gelder der libyschen Zentralbank, des Libya Africa Investment Portfolio, der Libyan Foreign Bank sowie der Libyan Investment Authority. Ebenso dürften der libyschen Zentralbank, dem Libya Africa Investment Portfolio, der Libyan Foreign Bank und der Libyan Investment Authority keine Gelder mehr zur Verfügung gestellt werden.
Betroffen sind nach Angaben aus Regierungskreisen 14 Kreditinstitute mit Sitz in Deutschland sowie die Deutsche Bundesbank. Hintergrund der Verfügungsverbote mit sofortiger Wirkung sei die geplante Verschärfung der Finanzsanktionen gegen Libyen. Hier drohe nach Veröffentlichungen in der Presse ein Abzug von Geldern vor Inkrafttreten der Verschärfungen auf EU-Ebene.
Die Truppen des libyschen Staatschefs Gaddafi haben nach Angaben von Aufständischen ein Wohnviertel in der Stadt Ras Lanuf angegriffen. Bei den Luftangriffen wurden nach Angaben eines Krankenhausmitarbeiters der Parkplatz des Krankenhauses und ein nahe gelegenes Wohnhaus getroffen. Nach ersten Informationen wurden sieben Menschen verletzt. Rund um die östliche Stadt Ras Lanuf finden seit Tagen erbitterte Gefechte zwischen Aufständischen und den Truppen Gaddafis statt. Viele Familien haben die Stadt inzwischen verlassen.
Rund drei Viertel Libyens sind nach Angaben des Roten Kreuzes von humanitärer Hilfe abgeschnitten. Ärzte-Teams könnten nicht an die Schauplätze der schwersten Gefechte gelangen, sagte Jakob Kellenberger, Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), in Genf. Der IKRK-Präsident verlangte von den Konfliktparteien ungehinderten Zugang für Hilfsorganisationen zu den Bedürftigen. Krankenhäuser berichteten unterdessen von immer mehr eingelieferten Patienten mit Kriegsverletzungen, sagte Kellenberger. In Libyen versucht Machthaber Gaddafi, mit schweren Waffen einen Volksaufstand niederzuschlagen. Gegen das Gaddafi-Regime kämpfen Rebellen, die vor allem im Osten des Landes mehrere Städte kontrollieren. Die Menschen im Westen Libyens litten besonders stark unter der Gewalt, sagte Kellenberger. Genaue Zahlen über die zivilen und uniformierten Opfer seien dem IKRK nicht bekannt. Kellenberger forderte die Gaddafi-Truppen und die Rebellen auf, Zivilisten zu verschonen. Das Völkerrecht erlaube nur Angriffe auf militärische Ziele. Kellenberger erklärte weiter, dass IKRK-Delegierte die Kriegsgefangenen beider Seiten besuchen wollten. Die Gaddafi-Getreuen und die Rebellen müssten ihre Gefangenen jederzeit menschlich behandeln. (epd/dpa/dapd)