Hätten die Länder zustimmen müssen? Das Bundesverfassungsgericht muss über den Atom-Kurs der schwarz-gelben Bundesregierung urteilen.
Berlin. Das nächste Gesetz der schwarz-gelben Bundesregierung muss sich der Grundgesetz-Prüfung unterziehen: Die SPD und die Grüne sehen in den von der schwarz-gelben Koalition verlängerten Atom-Laufzeiten einen klaren Verstoß gegen das Grundgesetz. Beide Novellen des Atomgesetzes seien sowohl formell als auch inhaltlich verfassungswidrig, heißt es in einer von den Spitzen von SPD und Grünen vorgestellten Klageschrift. Diese soll in dieser Woche beim Bundesverfassungsgericht eingereicht werden. Die Fraktionschefs Jürgen Trittin (Grüne) und Frank-Walter Steinmeier (SPD) zeigten sich zuversichtlich, dass die Opposition dort Recht bekommen werde. Ihrer Auffassung nach hätte der Bundesrat den Änderungen zustimmen müssen, weil durch die längeren Laufzeiten der 17 Atommeiler von durchschnittlich zwölf Jahren auf die Länder zusätzlicher Verwaltungsaufwand zukomme. Darüber hinaus werfen sie dem Bund einen Verstoß gegen Artikel 2 des Grundgesetzes vor, der das Recht der Bevölkerung auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert.
Ex-Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sagte, bis zu einer Entscheidung der Karlsruher Richter werde es wohl zwei bis drei Jahre dauern. Auch fünf SPD-geführte Länder werden gegen die Atombeschlüsse von Union und FDP klagen: Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bremen, Berlin und Brandenburg. „Es geht uns um die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Länder, diese hat die Bundesregierung wider besseres Wissen missachtet“, erklärte die rheinland-pfälzische Umweltministerin Margit Conrad (SPD). Tatsächlich bedeute die Verlängerung der Atomlaufzeiten um acht bis 14 Jahre „neue Gefahren für Mensch und Umwelt“, sagte Grünen-Umweltexpertin Bärbel Höhn. Schutzniveau und Klagemöglichkeiten seien nicht, wie von der Regierung angegeben, erweitert worden, sondern verringert.