Wegen des Vorwurfs der Vergewaltigung wird der Wikileaks-Gründer in Schweden per Haftbefehl gesucht. Jetzt schaltet sich auch Interpol ein.
Lyon. Der wegen Vergewaltigungsverdachts in Schweden gesuchte Wikileaks-Gründer Julian Assange steht jetzt auch auf der Fahndungsliste von Interpol. Eine entsprechende „Red Notice“, eine Art Steckbrief des 39-Jährigen, veröffentlichte die Internationale Polizeibehörde am Dienstag auf ihrer Internetseite. Schweden hatte Mitte November bei Interpol ein Antrag auf internationale Fahndung nach Assange gestellt. In dem skandinavischen Land wird der Australier per Haftbefehl wegen des Verdachts der Vergewaltigung und sexuellen Nötigung von zwei Frauen gesucht. Assange hat die Vorwürfe zurückgewiesen und als Komplott der US-Regierung bezeichnet.
Wo sich der Internet-Aktivist derzeit aufhält, ist nicht bekannt. Wikileaks sorgt derzeit weltweit mit der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente aus dem US-Außenministerium für Aufsehen.
Bei einer „Red Notice“ handelt es sich nicht um einen internationalen Haftbefehl. Vielmehr geht es laut Interpol darum, der Polizeibehörde eines Mitgliedsstaates dabei zu helfen, „die Festnahme oder vorläufige Festnahme einer gesuchten Person mit der Aussicht auf ihre Auslieferung zu erreichen.“ Am Dienstag hatte Assanges schwedischer Anwalt angekündigt, eine Aufhebung des schwedischen Haftbefehls vor dem Obersten Gericht in Stockholm erwirken zu wollen. Der Haftbefehl war vorher in zwei Instanzen bestätigt worden. Anwalt Björn Hurtig bot in der Berufungsklage an, dass Assange über Telefon, Videolink oder andere Kommunikationswege vom Ausland aus verhört werden könne.
Lesen Sie dazu auch:
Julian Assange und der Traum vom Mega-Leak
Kaum hat WikiLeaks mit der Veröffentlichung vertraulicher Depeschen von US-Diplomaten rund um den Globus für Schlagzeilen und Rumoren in der diplomatischen Welt gesorgt, da plant die Internetplattform offenbar den nächsten Coup: Anfang nächsten Jahres solle eine amerikanische Großbank zum Ziel werden, sagte Gründer Julian Assange in einem Interview des US-Magazins „Forbes“. „Es geht um Zehntausende oder Hunderttausende Dokumente, je nach Definition.“ Es handle sich dabei um ein „Mega-Leak“.
Die geplante Offenlegung des Materials eröffne „wahre und repräsentative Einsichten, wie sich Banken auf der Managementebene verhalten“, sagte der WikiLeaks-Gründer weiter. „Man kann es das Ökosystem der Korruption nennen.“ Die Folge der Veröffentlichung dürften „vermutlich Untersuchungen und Reformen sein“. Die Dokumente enthüllten „ungeheuerliche Übertretungen“ und „unethische Praktiken“. Gegenstand des Materials seien aber auch „die unterstützenden Entscheidungsstrukturen und die interne Ethik des Managements“.
Der Australier verglich in dem Interview die anstehende Veröffentlichung mit den E-Mails, die im Zusammenhang mit dem Enron-Unternehmensskandal ans Licht kamen. Der einst zehntgrößte US-Konzern hatte 2001 nach einem Bilanzbetrug Insolvenzantrag gestellt – Auftakt einer ganzen Reihe von Betrugsfällen, die die US-Wirtschaft in den folgenden beiden Jahren erschütterten.
Assange betonte jedoch, dass noch unklar sei, ob es sich hier um kriminelle Vorgänge handele. „Ich kann nur sagen, dass es klar um unethische Praktiken geht.“ Man sei sehr vorsichtig damit, Leute als kriminell zu etikettieren, bis man sehr sicher sei. Sich selber nennt der WikiLeaks-Gründer einen Freund freier Märkte. „Ich sehe den Kapitalismus mit gemischten Gefühlen, aber ich liebe Märkte“, sagte er zu „Forbes“. „WikiLeaks ist entworfen, den Kapitalismus freier und ethischer zu gestalten.“
Unterdessen hat Ecuador Assange Asyl angeboten. „Wir sind bereit, ihm ein Aufenthaltsrecht in Ecuador anzubieten, ohne Probleme und ohne Bedingungen“, sagte der stellvertretende Außenminister des Landes, Kintto Lucas. „Wir werden ihn nach Ecuador einladen, damit er die Informationen, die er besitzt und alle Dokumente vorstellen kann – nicht nur im Internet, sondern in vielen öffentlichen Foren“, fügte Lucas hinzu.
Gegen Assange liegt ein internationaler Haftbefehl wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung vor. Im August hatten sich zwei Frauen bei der schwedischen Polizei gemeldet und diese Vorwürfe gegen ihn erhoben. Die USA erhoben nach der Veröffentlichung neuer Dokumente heftige Vorwürfe gegen WikiLeaks und sprachen von einem „schweren Verbrechen“. Ecuadors Vize-Verteidigungsminister Lucas sagte, das Land sei „besorgt“ angesichts der Veröffentlichung der Depeschen. Wie einige andere lateinamerikanische Länder gibt es auch zwischen Ecuador und den USA immer wieder diplomatische Spannungen.