Der Artilleriebeschuss forderte zwei Tote und 18 Verletzte. Nordkorea droht mit „unbarmherzigen Angriffen“. Der Uno-Sicherheitsrat tagt.
Seoul. Mit einem tödlichen Artillerie-Angriff auf eine südkoreanische Insel hat Nordkorea heftige Kritik aus aller Welt auf sich gezogen. Auf der Insel Yeonpyeong im Gelben Meer seien durch Dutzende Granaten zwei südkoreanische Soldaten getötet worden, teilte das Militär in Seoul mit. Nato und Europäische Union verurteilten den Beschuss. Der Uno-Sicherheitsrat plante nach französischen Angaben eine Dringlichkeitssitzung.
„Eine nordkoreanische Artillerie-Einheit hat um 14.34 Uhr (Ortszeit, 6.34 Uhr MEZ) Schüsse zur Provokation abgefeuert, und die südkoreanischen Truppen haben zur Selbstverteidigung sofort zurückgeschossen“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Seoul. Regierungsangaben zufolge hatte der Norden zuvor scharfe Kritik an Übungen der südkoreanischen Streitkräfte nahe der zwischen beiden Ländern umstrittenen Grenze im Gelben Meer geübt.
Yeonpyeong liegt westlich der koreanischen Halbinsel im Gelben Meer, unweit der Seegrenze, die von den Vereinten Nationen nach dem Korea-Krieg festgelegt worden war. Nordkorea erkennt die Grenze nicht an. Ein Kommandeur der nordkoreanischen Streitkräfte warf dem Süden vor, das Feuer zuerst eröffnet zu haben. Er kündigte „unbarmherzige Angriffe“ an, sollte Südkorea die Seegrenze auch nur „einen tausendstel Millimeter“ überschreiten.
Es handelte sich um einen der schwerwiegendsten militärischen Zusammenstöße seit dem Ende des Korea-Kriegs 1953. Nach südkoreanischen Angaben wurden zwei Soldaten getötet und 15 weitere verletzt. Auch drei Zivilisten hätten Verletzungen erlitten. Das südkoreanische Fernsehen berichtete, Nordkorea habe rund 50 Granaten abgefeuert. Dutzende Häuser seien beschädigt worden. Hunderte Menschen flüchteten demnach auf das Festland.
Seoul versetzte seine Armee in höchste Alarmbereitschaft. Staatschef Lee Myung Bak berief sein Kabinett und die Sicherheitsberater zu einer Krisensitzung ein. General Lee Hong Ki warf dem Norden „eine unmenschliche Gräueltat“ auf „wehrlose Zivilisten“ vor. Ein für Donnerstag geplantes Treffen, bei dem Vertreter beider Länder über die Wiedervereinigung von Familien sprechen wollten, wurde verschoben.
Die Beziehungen zwischen Seoul und Pjöngjang sind insbesondere wegen des nordkoreanischen Atomprogramms gespannt. Das Verhältnis wurde durch den Untergang eines südkoreanischen Kriegsschiffs weiter belastet, das einer internationalen Untersuchung zufolge im März durch einen nordkoreanischen Torpedo versenkt wurde. Der Norden weist dies zurück.
Der Artillerie-Angriff rief scharfe Kritik der internationalen Gemeinschaft hervor. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) äußerte sich „sehr besorgt“. „Diese erneute militärische Provokation gefährdet den Frieden in der Region“, erklärte er in Berlin. Das Weiße Haus forderte Nordkorea auf, seine „kriegerische Aktion“ zu beenden und sich an das Waffenstillstandsabkommen zu halten, das dem Korea-Krieg (1950-1953) ein Ende setzte. China, der bedeutendste Unterstützer der kommunistischen Führung in Nordkorea, rief zur Zurückhaltung auf.