Die SPD will das Gesetz ändern: Erst wenn die Hälfte der 60- bis 64-Jährigen berufstätig ist, soll die Rente mit 67 eingeführt werden.
Berlin. Die SPD-Führung hat sich nach langem internen Streit auf einen Kompromiss bei der Rente mit 67 verständigt. Sie soll erst dann eingeführt werden, wenn mindestens 50 Prozent der 60- bis 64-Jährigen auch tatsächlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben. Derzeit gehen aus dieser Altersgruppe nur 21,5 Prozent einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach. Das von der großen Koalition 2007 beschlossene Gesetz soll entsprechend geändert werden. Parteikreise bestätigten am Mittwochabend einen entsprechenden Bericht des „Tagesspiegels“ (Donnerstag).
Außerdem möchte die SPD-Spitze flexible Regelungen für besonders belastete Berufsgruppen schaffen. Im Jahr 2015 soll nach ihrem Willen geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die schrittweise Erhöhung des Renteneintrittsalters bis zum Jahr 2029 vorliegen. Das würde eine Verschiebung um mindestens drei, wahrscheinlich aber mehr Jahre bedeuten: Denn nach dem bisherigen Gesetz beginnt die schrittweise Erhöhung 2012.
Parteichef Sigmar Gabriel, der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles wollen diesen Vorschlag zur vorläufigen Aussetzung der Rente mit 67 am Montag dem SPD-Präsidium vorlegen. Darüber soll anschließend mit der Parteibasis diskutiert werden. Die Ergebnisse sollen von einer Kommission unter Leitung des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck, SPD- Vize Olaf Scholz und dem Parteilinken Ottmar Schreiner zusammengefasst werden. Davon verspricht sich die Parteiführung, einen offenen Rentenstreit auf dem Bundesparteitag am 26. September zu vermeiden.
Am Montag will die SPD-Führung ihre Vorschläge auch mit den Spitzen der Gewerkschaften beraten. Sie sind die schärfsten Kritiker der Rente mit 67.
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Juso-Chef Sascha Vogt bekräftigte in der „Welt“ (Donnerstag) seine Ankündigung, dass die Jusos sich für einen Mitgliederentscheid stark machen werden – sollte es auf dem Parteitag nicht zu einer klaren Abkehr von der Rente mit 67 kommen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sagte: „Es ist erfreulich, wenn die SPD die Rente mit 67 zumindest auf Eis legen will.“ Die Arbeitsmarktlage lasse die Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters keinesfalls zu. „Solange die überwältigende Mehrheit der Arbeitnehmer keine Chance hat, überhaupt bis 65 Jahre zu arbeiten, bleibt die Rente mit 67 ein Rentenkürzungsprogramm.“ Beamtenbunds-Vize Klaus Dauderstädt plädierte für einen gleitenden Übergang aus dem Erwerbsleben. Stress, Mobbing, Wettbewerbsdruck und Überlastung, könnten nicht durch „ergonomisch saubere Arbeitsstätten“ allein kompensiert werden. Die Leistungsfähigkeit des Menschen im Alter nehme nicht schon deshalb zu, „weil Staatsbudget und Beitragsbelastung der Einkommen an ihre Grenzen stoßen“.
Der Chef der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann (CDU), warnte dagegen in der „Rheinische Post“ (Donnerstag) vor Änderungen. „Wenn der Gesetzgeber an der Rente mit 67 wackelt, wird sich nichts mehr bewegen, weil es das Schönste für alle Beteiligten ist, das Problem auf Kosten der Sozialversicherungen und des Staates zu lösen.“ Laumann plädierte allerdings für branchenspezifische Lösungen.