Der neue polnische Staatspräsident Komorowski präsentiert sich als ein Hüter von Ordnung und Gemeinschaftswerten. Nun wurde er vereidigt.
Warschau. Mit Bronislaw Komorowski ist ein neuer Politikstil in den polnischen Präsidentenpalast eingezogen: Polen brauche ein Staatsoberhaupt, „das hilft und nicht stört, das nicht den Modernisierungsprozess blockiert“, hatte der 58-jährige Politiker und Historiker beim Nominierungsparteitag der regierenden Bürgerplattform erklärt. Das war am 27. März, vor dem tragischen Tod von Lech Kaczynski bei einem Flugzeugabsturz, und ein deutlicher Seitenhieb auf den Amtsinhaber.
Komorowski ist jetzt als neuer polnischer Präsident vereidigt worden. Er hatte im Juli die Stichwahl gegen Jaroslaw Kaczynski, den Zwillingsbruder des bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen früheren Präsidenten Lech Kaczynski, für sich entschieden.
Lech Kaczynski hatte in seiner Amtszeit die Geduld der Polen - aber auch der Partner in der EU – des öfteren strapaziert. Der polnische Staatspräsident hat zwar in erster Linie repräsentative Aufgaben, aber eben auch ein Vetorecht, mit dem er Entscheidungsprozesse zumindest aufhalten kann. Kaczynski nutzte dieses Mittel häufig. Komorowski versprach auf seiner Webseite unter der Überschrift „Meine Vision für Polen“: Das Vetorecht sollte „sparsam angewendet werden, während mehr Gewicht auf die Rolle beim Gesetzgebungsprozess und dem Entstehungsprozess von Regierungsentscheidungen gelegt werden sollte.“ Er wolle Hüter von Ordnung und Gemeinschaftswerten – und natürlich Präsident aller Polen sein, erklärte er weiter.
Komorowskis Kritik am Führungsstil seines impulsiven Vorgängers wurde von den polnischen Wählern auch in der intensiven Trauer um Kaczynski nicht vergessen, der beim Landeanflug auf Smolensk mit zahlreichen Amts- und Würdenträgern tödlich verunglückte. Das Unglück und die historische Dimension – Kaczynski wollte zu einer Gedenkfeier für die Opfer von Katyn – ließ dessen noch impulsiveren Zwillingsbruder Jaroslaw plötzlich zu einem aussichtsreichen Bewerber werden. Die Präsidentenwahl wurde erst in einer Stichwahl am 4. Juli zwischen Komorowski und Jaroslaw Kaczynski entschieden - letztlich mit 53 Prozent und sechs Prozentpunkten vor Kaczynski.
Komorowski stammt aus einer alten Adelsfamilie; auf seiner Webseite zeigt er seine Wurzeln bis ins Mittelalter auf. 1469 sei ein Komorowski zum Grafen erhoben worden. In seinem eigenen Lebenslauf betont er seine Mitgliedschaft in der Solidarnosc-Bewegung und seine Inhaftierung während des Kriegsrechts von Dezember 1981 bis Juni 1982. Politische Karriere nach dem Ende des Kommunismus: 1989 bis 1991 Kabinettsdirektor des Ministerrats, 1991 erstmals ins Parlament gewählt, danach diverse Kabinettsposten, 2001 bis 2001 Verteidigungsminister, 2005 bis zur Kandidatur für das Präsidentenamt Parlamentspräsident.
Seine wichtigsten Berater seien seine zwischen 1979 und 1989 geborenen Kinder, erklärt der seit 1977 verheiratete Politiker auf seiner Webseite. „Ich habe fünf Kinder. Sie kontrollieren mich und halten mich auf dem Boden. Ihre Fragen zu Polen, dem System und verschiedenen politischen Situationen sind so einfach und ihre Bemerkungen so direkt, dass ich sie als meine strengsten Kritiker betrachte“, schreibt er. Mittelpunkt der Familie sei Enkel Stas, Sohn seiner Tochter Marysia. „Ein fröhlicher Schatz, den wir zum Fressen gern haben.“