Knapp vier Jahre nach dem umstrittenen Abendessen der Kanzlerin für Josef Ackermann muss das Kanzleramt die Gästeliste komplett offenlegen.
Berlin. Was darf die Öffentlichkeit wissen, wenn die Spitzen von Politik und Wirtschaft zusammensitzen? Dieser Frage gingen zwei Berliner Gerichte nach. Nun gibt es eine Entscheidung.
Knapp vier Jahre nach einem umstrittenen Abendessen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann muss das Kanzleramt die Gästeliste komplett offenlegen. Der Terminkalender der Kanzlerin bleibe aber weiter für die Öffentlichkeit tabu, entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg am Dienstag. Damit wurde im wesentlichen ein Urteil der ersten Instanz bestätigt (Urteil vom 20. März 2012 – OVG 12 B 27.11). Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Merkel hatte zu Ackermanns 60. Geburtstag Vertreter aus Wirtschaft und Gesellschaft am 22. April 2008 ins Kanzleramt geladen. Kritiker warfen ihr Kungelei von Regierung und Wirtschaft vor. Merkel wies die Kritik der Opposition an der Veranstaltung zurück. Das Essen sei keine Geburtstagsfeier gewesen. Ackermann scheidet nach zehn Jahren an der Spitze der Bank Ende Mai aus.
Das Kanzleramt hatte bislang nur zum Teil Einblick in die Liste der Gäste gewährt. Nun entschied das OVG, neben der Gästeliste müsse das Kanzleramt auch zur Redevorlage sowie zur Tisch- und Sitzordnung ungeschwärzte Kopien herausgeben. Das Informationsinteresse der Kläger überwiege das Geheimhaltungsinteresse. In diesem Punkt setzte sich der Geschäftsführer der Verbraucherschutzorganisation „Food Watch“, Thilo Bode erneut mit seiner Klage durch.
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Mit der Annahme der Merkel-Einladung hätten sich die Gäste in den Bereich des öffentlichen Meinungsaustausches begeben, der nicht ihrer geschützten Privatsphäre zuzurechnen sei, urteilten die Richter. Sie verpflichteten das Kanzleramt auch, die Sammelrechnung der Kanzlerküche über die Beschaffung von Lebensmitteln offenzulegen.
Zum Merkel-Terminkalender hieß es im Urteil, eine Offenlegung könne nachteilige Auswirkungen auf die innere Sicherheit sowie die Sicherheit der Kanzlerin haben. Dies sei ein gesetzlicher Ausschlussgrund. Dieser Teil der Klage wurde damit abgewiesen.
Schon das Verwaltungsgericht hatte im April 2011 entschieden, dass der Merkel-Kalender nicht an die Öffentlichkeit kommt. Andernfalls wäre es beispielsweise möglich, ein Bewegungsprofil der Kanzlerin zu erstellen. Dies würde ihre Gefährdung erhöhen. Die Kläger wollten anhand des Kalenders prüfen, ob es vor oder nach dem Abendessen verstärkt Kontakte mit Unternehmern gab.
(dpa/abendblatt.de)