Die Kanzlerin ist politisch breit aufgestellt. Anders als ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder pflegt sie einen guten Draht zu den Gewerkschaften.
Berlin. Es war einer der Aufreger im Bundestagswahlkampf 2009. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte zum 60. Geburtstag von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ins Kanzleramt zu Tisch gebeten. Als das feierliche Abendessen mehr als ein Jahr später – mitten in der Bankenkrise und im Wahlkampf publik wurde – war die Aufregung groß: „Party im Kanzleramt“, „Merkel hofiert Ackermann“ – so tönte es aus allen Ecken. Inzwischen ist der Bundestagswahlkampf zwar vorbei, die politische Stimmung wegen der bevorstehenden NRW-Wahl und des eher bescheidenen Bildes der schwarz-gelben Koalition aber nach wie vor brisant. Über schwarz-grüne Bündnisse wird spekuliert. Die FDP wirft der Kanzlerin eine schleichende Sozialdemokratisierung ihrer Partei vor. Schwarz-Gelb muss sich andererseits aus dem Arbeitgeberlager unschöne Vorwürfe wie „orientierungslos“ oder „plakativ statt seriös“ anhören.
Da passt es gut, dass wieder mal ein runder Geburtstag zu feiern ist – diesmal nicht von einem sozialpolitisch umstrittenen Spitzenbanker, sondern von einem kämpferischen Arbeiterführer. Für den 17. März darf Chef und SPD-Mitglied Berthold Huber gemeinsam mit der Kanzlerin etwa 30 Gästen aussuchen, mit denen er in den oberen Etagen des Kanzleramts auf Staatskosten speisen will. Anlass ist auch hier wieder der 60. Geburtstag, den Huber am 15. Februar begangen hat. „Die Bundeskanzlerin wird Gäste aus dem Bereich der Gewerkschaften, von Betriebsräten sowie der Metall- und Elektroarbeitgeber einladen zu einem Abendessen zu Ehren von IG-Metall-Chef Berthold Huber. Dabei wird es einen Gedankenaustausch zu aktuellen Themen der Sozialpolitik geben“, ließ die Kanzlerin am Wochenende über eine Sprecherin offiziell wissen.
Die Gästeliste wird – wie üblich in solchen Fällen – nicht bekanntgegeben. DGB-Chef Michael Sommer, Metall-Arbeitgeber Martin Kannegiesser, VW-Chef Martin Winterkorn und Siemenschef Peter Löscher sind laut „Süddeutsche Zeitung“ geladen. Dazu kommen auch die Betriebsratsvorsitzenden von Opel und Porsche, die sich im Kampf gegen die Folgen der Wirtschaftskrise besonders engagiert zeigten. Für Angela Merkel ist es eine willkommene Gelegenheit, wieder mal zu zeigen, wie breit sie inzwischen politisch aufgestellt ist. Anders als ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder (SPD) pflegt sie einen guten Draht zu den Gewerkschaften.
Das demonstrierte sie auch schon im Bundestagswahlkampf – angeblich sehr zum Ärger der SPD, wie damals berichtet wurde. Dass Merkel jetzt wiederholt und demonstrativ ihren Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle in der Sozialstaatsdebatte ausgebremst hat, dürfte auch ihrem Standing bei den Gewerkschaften guttun. Erst jüngst wieder lobte Merkel die „maßvollen Lohnforderungen“ der IG Metall. So ist nun kaum damit zu rechnen, dass das Geburtstagsessen für IG-Metall-Chef Huber auch nur annähernd für so heftige Reaktionen sorgen wird wie seinerzeit die Einladung für Ackermann. Zu unterschiedlich sind Zeiten und Umstände. So wird vermutlich auch niemand im Bundestag – wie damals Abgeordnete der Grünen und der SPD - auf die Idee kommen, den Haushaltsausschuss nach den Kosten der Geburtstagsfete zu fragen. „Das ist doch kleinkariert und absurd“, hieß es dazu schon damals im Bundestag.