Die EU-Kommission will das massiv in der Kritik stehende ACTA-Abkommen durch Gutachten des Europäischen Gerichtshofes retten.
Brüssel. Der Europäische Gerichtshof soll das massiv in der Kritik stehende ACTA-Abkommen durch ein Gutachten gerettet werden, wie die EU-Kommission mitteilte. Dem EuGH soll der Text zur Prüfung vorgelegt werden, wie der Handelskommissar Karel De Gucht am Mittwoch ankündigte. Zur Begründung hieß es, dass dies ein notwendiger Schritt, um die unbegründete Angst vor dem Abkommen zu nehmen. Die Diskussion dürfe nicht länger "auf Fehlinformationen und Gerüchten fußen, die in sozialen Medien und Blogs vorherrschen“, sagte De Gucht.
Damit erteilte er Internetaktivisten eine Kampfansage, die seit Jahresbeginn eine wütende Kampagne gegen ACTA fahren. Auch Demonstrationen in zahlreichen Ländern haben dazu geführt, dass das Abkommen gegen Produktpiraterie und Urheberrechtsverletzungen auf der Kippe steht. Deutschland gehört zu mehreren EU-Staaten, die die Ratifizierung auf Eis gelegt haben. Der Fraktionschef der Konservativen im EU-Parlament, Joseph Daul, hat ACTA schon für "erledigt“ erklärt.
Die Kommission will das nicht hinnehmen. Er teile die Sorge um fundamentale Rechte, sagte De Gucht. Und er begrüße, dass viele Menschen für die Freiheit im Internet eintreten würden. Aber ACTA sei ein Abkommen, dass die geltenden Standards zum Schutz des Urheberrechtes in Europa global verankern solle. "ACTA wird nichts an den EU-Gesetzen ändern. ACTA wird keine Zensur im Internet einführen oder Websiten schließen“, sagte der Kommissar. Es werde nur helfen durchzusetzen, was in der EU längst Gesetz sei.
Das Abkommen, über das drei Jahre lang verhandelt worden war, kann nur in Kraft treten, wenn es von allen EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission ratifiziert und vom EU-Parlament gebilligt wird. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will die Ratifizierung so lange aussetzen, bis das EU-Parlament sein Votum gefällt hat. Das soll frühestens im Sommer geschehen.
Das "Hamburger Bündnis gegen ACTA“ hat für Sonnabend (25. Februar) zur zweiten Demonstration gegen das Anti-Piraterie-Handelsabkommen aufgerufen. "Wir rechnen bei den Protesten mit etwa 4.000 Teilnehmern“, sagte eine Polizeisprecherin am Mittwoch. Ab 14 Uhr soll der Demonstrationszug vom Rathausplatz durch die Innenstadt ziehen.
Auch in anderen deutschen Großstädten wie etwa Frankfurt und Kassel wurden weitere Protestaktionen angekündigt. Bereits am 11. Februar hatten bundesweit Anti-ACTA-Demonstrationen stattgefunden. In Hamburg hatten sich damals rund 8.000 Menschen beteiligt.
Von Tobias Schmidt