Heute mal nicht: Aus Protest gegen die vom US.Kongress gewünschten Gesetze gegen Online Piraterie hat wikipedia sich für 24 Stunden verabschiedet - und ist damit nicht allein. Welche Seiten offline sind - und wie man sie trotzdem aufrufen kann.
Washington/Berlin. Heute mal nicht: Aus Protest gegen die vom US.Kongress gewünschten Gesetze gegen Online Piraterie hat wikipedia sich für 24 Stunden verabschiedet - und ist damit nicht allein. „Stellen Sie sich eine Welt ohne freies Wissen vor“, hieß es etwa in der englischen Wikipedia, deren Einträge 24 Stunden lang nicht erreichbar waren. Stattdessen klärte sie allein über die kritisierten Gesetzespakete SOPA und PIPA auf.
Der US-Kongress will mit einem Stop Online Piracy Act (SOPA) und einem Protect Intellectual Property Act (PIPA) dafür sorgen, dass US-Bürger keine illegal kopierten Filmen und Musiktitel verbreiten können. Dabei war zunächst auch an schwarze Listen von Webseiten gedacht worden, die dann gesperrt werden sollten. Kritiker befürchteten daher Zensur. Eine ähnliche Diskussion hatte es zuvor auch in Deutschland gegeben. Ein „Zugangserschwerungsgesetz“ war nach Protest aber gekippt worden – es zielte auf Kinderpornografie statt Urheberrechtsverletzungen ab.
Wie's trotzdem geht:
Nicht erreichbare oder abgeschaltete Internetseiten können über die Cache-Funktion von Suchmaschinen trotzdem gelesen werden. Denn die Suchanbieter speichern viele Webseiten in regelmäßigen Abständen auf ihren Servern zwischen. Aktuell ist die Funktion zum Beispiel nützlich, wenn man Einträge der englischsprachigen Version des Online-Lexikons Wikipedia aufrufen möchte, die für 24 Stunden vom Netz gegangen ist, um gegen Pläne in den USA zu protestieren, Urheberrechtsverletzungen auch mit Netzsperren zu verfolgen.
Bei Google ist die Funktion etwas versteckt. Um sie zu erreichen, muss man den Mauszeiger auf den Doppelpfeil im grauen Rechteck bewegen, der rechts neben dem Suchergebnis erscheint. Dann öffnet sich eine kleine Vorschau der Webseite, über der man auf den Link „Im Cache“ klicken muss.
Um einzelne englischsprachige Wikipedia-Einträge zu suchen, ist es sinnvoll, über http://dpaq.de/rw6fD entweder gleich die englischsprachige Google-Suche aufrufen oder in der deutschsprachigen Suche unten rechts auf „Google.com in English“ klicken. Dann gibt man seinen Suchbegriff ein. Meist steht der entsprechende Wikipedia-Eintrag in der Ergebnisliste ohnehin ganz oben.
Um sicherzugehen, kann man seinen Suchbegriff aber auch mit dem Suchbegriff Wikipedia kombinieren. Auch hier gilt es, dem Doppelpfeil zu folgen und über der Seitenvorschau „Cached“ auszuwählen. Wer derzeit wie gewohnt auf den Link im normalen Suchergebnis klickt, kommt nur zu einer schwarzen Seite, auf der Wikipedia die Protestaktion erklärt.
Wikipedia-Gründer Jimmy Wales mahnte am Mittwoch in einem Interview mit der BBC, das Gesetz sei „so schlecht“ ausformuliert, dass es letztlich auch Inhalte treffen dürfe, die nichts mit Piraterie zutun hätten: „Wenn Sie nach der großartigen Erfindung des Automobils feststellen, dass auch Bankräuber Autos nutzen, dann verbieten sie ja auch nicht gleich einzelne Autos, um das Problem zu lösen.“ Im Grundsatz sei er dafür, das Urheberrecht von Künstlern zu schützen.
Auch deutsche Seiten beteiligten sich an dem Protest, darunter die Grünen. Statt aktueller Statements der Bundespolitiker war auf der Seite nur von „unverhältnismäßigen Möglichkeiten zur Kontrolle und Durchsetzung des Urheberrechts“ die Rede. Die Grünen erinnerten in ihrer Protestnote zudem daran, dass in Europa noch immer über ein Gesetzespaket namens ACTA diskutiert wird, das Produktpiraterie bekämpfen soll und bei Netzaktivisten auf Widerstand stößt.
Der Auftritt der deutschen Piratenpartei war am Mittwoch allen gegenteiligen Ankündigungen zum Trotz hingegen zunächst wie üblich erreichbar. In einer Protestnotiz warnten die Piraten allerdings dennoch vor einer „ganz neuen, gefährlichen Qualität“, die von den umstrittenen Gesetzesvorhaben SOPA und PIPA in den USA ausgehe.
In Deutschland war am Mittwoch auch der Chaos Computer Club (CCC) für 24 Stunden nicht zu erreichen. Zahlreiche private Blogs sowie das Portal netzpolitik.org bildeten lediglich Protesthinweise ab. Der Berliner Verein Digitale Gesellschaft, der die Interessen der Webnutzer vertritt, beteiligte sich zusammen mit 42 anderen Verbänden aus aller Welt an einem Protestschreiben. Darin forderten sie die US-Abgeordneten auf, das freie Internet zu schützen.
Der Internetriese Google blieb für Suchabfragen auch in den USA zwar erreichbar, verwies auf seiner englischen Seite allerdings auf eine Online-Petition gegen das Gesetzespaket SOPA. Das soziale Netzwerk Twitter wiederum beteiligte sich nicht am Protest. Dafür hingegen Verbände wie Greenpeace, das wie andere ein freies Netz forderte.
Internetnutzer verstanden den Protest am Mittwoch hingegen nicht immer. In Kurznachrichten bei Twitter fragten einige, wie sie nun Referate vorbereiten sollten, wo Wikipedia doch nicht erreichbar sei. Manch einer ging gar vom Ende der freien Enzyklopädie aus.
Wikipedia-Gründer Wales hatte seine Nutzer hingegen zuvor gewarnt und dafür bei Twitter notiert: „Macht eure Hausaufgaben rechtzeitig. Wikipedia protestiert am Mittwoch gegen ein böses Gesetz!“ (dapd/dpa)