Ein Experten-Team der IAEA will in Teheran weiter eine diplomatische Lösung des Atomstreits mit dem Iran erreichen. Manöver im Süden gestartet.
Teheran/Wien. Auf der einen Seite steht die Diplomatie und mit ihnen die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, die Gesandte nach Teheran schickt, um eine erneute diplomatische Lösung im anhaltenden Atom-Streit mit dem Iran zu erreichen.
Auf der anderen Seite steht das Säbelrasseln der iranischen Regierung, die angesichts israelischer Angriffsdrohungen am Montag ein Manöver zur Verteidigung von Atomanlagen begonnen hat.
Die IAEA-Experten unter der Leitung von Chefinspektor Herman Nackaerts wollen nur drei Wochen nach dem letzten Besuch eines hochrangigen Expertenteams in Teheran Auskunft über das umstrittene iranische Atomprogramm erhalten. Das jetzige Experten-Team will von den Vertretern der iranischen Atomorganisation und des Sicherheitsrats der Regierung vor allem Zusagen für künftige Treffen und Überprüfungen erhalten.
Bei den Zusagen geht es um Zugang zu Dokumenten, Wissenschaftlern und verdächtigen Anlagen wie Parchin südöstlich von Teheran. In der weitläufigen Militärzone soll jener Metallbehälter stehen, in dem möglicherweise Versuche mit nuklearen Raketensprengköpfen simuliert wurden.
Die Spezialisten wollen überprüfen, ob diese Tests dort tatsächlich durchgeführt wurden. „Das wäre eine aussagekräftige Erkenntnis“, erklärte der Diplomat. Der Iran hat beim letzten Treffen eine solche Zusage verweigert. Der Iran hat zwar bestimmte Standorte wie eine Anreicherungsanlage in Fordo südlich von Teheran oder eine Fabrik in Natans im Zentraliran deklariert und der IAEA zugänglich gemacht. Die Behörde vermutet jedoch noch weitere geheime Anlagen.
Nach Angaben aus informierten Kreisen will der Iran Informationen über die jüngsten Nuklearprojekte vorlegen. Dazu gehört die Anreicherung von fast 100 Kilogramm Uran auf 20 Prozent – was für die Entwicklung von Atomwaffen nicht ausreicht. Außerdem geht es um die Inbetriebnahme neuer Zentrifugen in Natans und in Fordo. Zudem wolle der Iran die IAEA darüber informieren, dass das Land nun in der Lage sei, selbst Brennstäbe zu produzieren.
IAEA-Chefinspektor Nackaerts hatte vor dem Abflug in Wien erklärt: "Wichtig ist, dass wir hoffen, einige konkrete Ergebnisse nach der Reise vorweisen zu können“. Höchste Priorität habe dabei, noch offene Streitpunkte um mögliche militärische Dimensionen des nuklearen Programms anzugehen. Es handele sich aber um einen sehr komplexen Streitpunkt, der Zeit brauche, sagte Nackaerts. Ein Arbeitsbesuch Ende Januar hatte aus Sicht der IAEA keinen Durchbruch gebracht.
Der Westen verdächtigt Teheran, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Kernenergie an einem Atomwaffenprogramm zu arbeiten. Nach einem im November vorgelegten IAEA-Bericht soll der Iran mindestens bis 2010 an Atomwaffen gearbeitet haben. Teheran hat seit 2008 Fragen der IAEA zu seinem Atomprogramm unbeantwortet gelassen. Die Führung in Teheran hat eine militärische Ausrichtung stets bestritten, die Forschungsprojekte dienten ausschließlich zivilen Zwecken.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte Teheran ultimativ auf, seine atomaren Pläne offenzulegen. "Die Zeit der taktischen Manöver ist vorbei“, warnte Westerwelle am Rande der Tagung der G20-Außenminister im mexikanischen Los Cabos.
Unterdessen begannen die iranischen Streitkräfte ein viertägiges Manöver zur Verteidigung von Atomanlagen. Die Übungen im Süden des Landes sollten das Militär auf mögliche Angriffe vorbereiten, meldete die amtliche Nachrichtenagentur Irna.
Ein Angriff würde die israelische Luftwaffe nach Einschätzung von Militärexperten auf eine sehr harte Probe stellen. Die Piloten müssten mehr als 1600 Kilometer über feindliches Gebiet fliegen, unterwegs in der Luft auftanken, die iranische Luftabwehr überwinden und mehrere unterirdische Nuklearanlagen gleichzeitig angreifen, schrieb die "New York Times“ am Sonntag (Ortszeit) in ihrer Online-Ausgabe. Israel müsste für den Einsatz nach Einschätzung von US-Sicherheitsexperten mindestens 100 Flugzeuge auf den Weg schicken.
Der nationale Sicherheitsberater im Weißen Haus, Tom Donilon, traf sich in Jerusalem mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Nach israelischen Medienberichten will er Israel von einem Angriff auf Ziele im Iran abhalten und davon überzeugen, den Sanktionen von USA und EU gegen Teheran zuerst eine Chance zu geben.
Indes warb der Iran um Vertrauen bei den Europäern. "Die EU sollte wissen, dass der Iran ein vertrauenswürdiger Partner ist, für den ausgezeichnete und spannungsfreie Beziehungen zur EU hohe Priorität haben“, sagte Außenminister Ali Akbar Salehi in Teheran. Erst am Vortag hatte der Iran einen Stopp von Öl-Lieferungen an Frankreich und Großbritannien angekündigt. (abendblatt.de/dpa)