Bei einem Krisengipfel zur Gesundheitsreform haben die US-Parteien sich nicht einigen können. Präsident Obama setzt nun auf eine Sonderregel.
Washington. In einer erhitzten Diskussion mit Vertretern beider Parteien hat US-Präsident Barack Obama am Donnerstag ausgelotet, ob und wie er seine Gesundheitsreform in letzter Minute vielleicht doch noch durchsetzen kann. Am Ende konnten sich Demokraten und Republikaner auch bei dem live übertragenen „Gesundheitsgipfel“ nicht auf einen Kompromiss einigen. Die von Obama angestrebte Gesundheitsreform ist daher weiterhin in der Schwebe. Der Präsident zeigte sich gegen Ende der siebenstündigen Debatte ernüchtert. Er sei sich nicht sicher, ob der Graben zwischen Reformgegnern und -befürwortern überbrückt werden könne.
Neben der Kostenkontrolle im Gesundheitswesen standen bei dem live im TV übertragenen „Gesundheitsgipfel“ eine Reform der Versicherungsbranche, die Reduzierung des Staatsdefizits und die Ausweitung des Versicherungsschutzes auf mehr US-Bürger auf der Tagesordnung. Grundsätzlich waren sich die Teilnehmer einig, dass die Kostenexplosion in der Medizin eingedämmt werden müsse und mehr US-Bürger Zugang zum Versicherungsschutz erhalten sollten.
Die Republikaner lehnen die von den Demokraten geplante Krankenversicherung für 31 Millionen US-Bürger allerdings als zu teuer ab. Sie forderten, die Demokraten müssten ihre Entwürfe einstampfen und „neu anfangen.“ Man solle die Reform „schrittweise angehen“, sagte John Boehner, der Parteiführer der Republikaner im Repräsentantenhaus.
Obama erwiderte, der Kongress befasse sich seit fünf Jahrzehnten mit der Gesundheitsreform. „Babyschritte“ reichten nicht mehr. Das Land könne es sich nicht leisten, noch ein Jahr über die Reform zu diskutieren. Sollte in den kommenden sechs Wochen mit den Republikanern keine Annäherung erzielt werden können, werde er die Reform alleine voran bringen. Zwar fehlt Obamas Demokraten eine Stimme, um die nötige Mehrheit von 60 der 100 Stimmen im Senat für die Reform zu bekommen. Obama könnte aber versuchen, sie mit einer Sonderregelung durchzupeitschen, die für Haushaltsgesetze eine einfache Mehrheit von 51 Stimmen vorsieht.
Der Minderheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, zeigte sich „enttäuscht“ über das Ergebnis des Gipfels bei Obama. Es sei klar geworden, dass die Demokraten einschließlich des Präsidenten keine Änderungen an dem 2700 Seiten starken Gesetzentwurf wollten. Obama hatte das Treffen in der Hoffnung angesetzt, sein innenpolitisches Prestigeprojekt einer umfassenden Gesundheitsreform zu retten. Damit wollte er auch dem Eindruck entgegenwirken, die Republikaner bei dem Reformvorhaben auszuschließen. Führende Vertreter der Republikaner hatten das Treffen schon vorab als PR-Trick des Präsidenten kritisiert.