Mit der Vervierfachung der Ausbilderzahl leiste die Regierung einen angemessenen Beitrag, sagte der deutsche Verteidigungsminister.
Istanbul. Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sieht Deutschland nicht in der Pflicht, noch mehr für die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte zu tun. Deutschland habe angeboten, die Zahl der Ausbilder von bisher 280 auf künftig 1400 zu erhöhen, sagte Guttenberg am Donnerstag am Rande eines Treffens der NATO-Verteidigungsminister in Istanbul.
„Das ist ein Angebot, das wir natürlich erst noch durch den Bundestag bringen müssen und das sich sehen lassen kann“, fügte er hinzu. „Das ist ein signifikanter Beitrag.“ Er reagierte damit auf die Forderung seines US-Kollegen Robert Gates nach der Entsendung von 4000 zusätzlichen Ausbildern nach Afghanistan.
Guttenberg räumte Geldprobleme der NATO ein. „Es ist tatsächlich so, dass eine nicht unerhebliche Zahl an Ressourcen notwendig geworden ist, die nicht einfach mal so mit einem Federstrich darzustellen ist“, sagte er. Im NATO-Budget 2010 fehlen wegen des Einsatzes in Afghanistan mindestens 700 Millionen Euro.
Beim Treffen der Verteidigungsminister erwarte er noch keine Einigung darüber, wie der Fehlbetrag ausgeglichen werden kann. Zur Frage, ob Deutschland erhebliche Nachzahlungen in Millionenhöhe leisten müsse, sagte er: „Wir müssen insgesamt als NATO handlungsfähig bleiben. Und die Handlungsfähigkeit bemisst sich nach den Notwendigkeiten. Nicht immer nur nach Goldrandlösungen, aber nach den Notwendigkeiten."
Die USA fordern von ihren Nato-Verbündeten mehr Engagement bei der Ausbildung der afghanischen Armee und Polizei. Bis zu 4000 Trainer und Mentoren müssten die Bündnisstaaten zusätzlich stellen, erklärten US-Diplomaten vor dem Minister-Treffen in Istanbul. US-Verteidigungsminister Robert Gates werde entsprechende Appelle an seine Kollegen richten, kündigte dessen Sprecher an.
Die internationale Staatengemeinschaft will mit einer massiven Truppenaufstockung, einem zügigen Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte und mehr Hilfe beim zivilen Aufbau des Landes das Blatt im Kampf gegen die radikalislamischen Taliban wenden. Die USA schicken 30.000 Soldaten zusätzlich an den Hindukusch, die anderen Nato-Staaten und verbündete Länder stellen 10.000.
Derzeit sind schon 110.000 Frauen und Männer im Einsatz. Die Bundesregierung schlug dem Bundestag vor, das bisher auf 4500 Soldaten begrenzte Mandat um bis zu 850 aufzustocken. Für die Ausbildung der Armee soll die Bundeswehr 1400 Trainer abstellen, hinzu kämen 260 deutsche Polizeiausbilder.
Ziel ist es, ab 2011 nach und nach der afghanischen Armee und Polizei die alleinige Verantwortung für die Stabilität des seit acht Jahren umkämpften Landes zu übertragen. Die afghanische Armee soll 171.000 Soldaten stark werden, die Zahl der einheimischen Polizisten soll bis 2011 auf 134.000 steigen.
Ab Mitte 2011 sollen die internationalen Truppen aus Afghanistan abziehen. Je schneller die Armee des Landes aufgebaut werde, um so eher könne der Übergang vollzogen werden und umso stärker könnten die internationalen Truppen reduziert werden, sagte US-Nato-Botschafter Ivo Dalder. Bis zur Truppenstellerkonferenz der Nato am 23. Februar wollen die Amerikaner auf feste Zusagen drängen.
Der erste große Testfall für den massiv verstärkten Kampfeinsatz steht unterdessen in Südafghanistan bevor. Tausende US-Marineinfanteristen sollen in den kommenden Tagen die Taliban-Hochburg Mardschan im Zentrum der Provinz Helmand einnehmen. Nach Angaben der US-Armee haben sich bis zu 1000 Taliban-Kämpfer in der Stadt verschanzt. Der Einsatz wird auch zur Herausforderung für die afghanische Regierung.
Sie müsste es nach einem Erfolg der US-geführten Truppen schaffen, die Stadt unter ihre Kontrolle zu bekommen. Es gebe täglich Hilferufe aus Mardschan, dass die Regierung mit den internationalen Truppen die Taliban vertreiben solle, sagte der afghanische Gebietsgouverneur Haji Zair. Die bis zu 100.000 Einwohner seien mit dem Abwurf von Flugblättern und Radiodurchsagen über die bevorstehende Offensive informiert worden.
Der ISAF-Oberbefehlshaber in Afghanistan, Stanley McChrystal, bezeichnete die aktuelle Lage als ernst, doch verschlechtere sie sich derzeit nicht mehr so wie im vergangenen Jahr. „Ich bin noch nicht so weit zu sagen, wir haben die Wende geschafft“, sagte der US-General Journalisten in Istanbul.