Gibt es eine Lösung im Steuerstreit? Kiels Regierungschef Peter Harry Carstensen zeigt sich nach einem Spitzentreffen im Kanzleramt optimistisch.
Berlin. Peter Harry Carstensen kann ziemlich dickköpfig sein. Doch nach einem nur knapp zweistündigen Treffen bei seiner Parteifreundin Angela Merkel zeigt Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident sich vor dem Tor des Kanzleramts entspannt. „Der Bund will uns nicht alleine lassen“, sagt er lächelnd. „Die Wahrscheinlichkeit einer Zustimmung ist größer als gestern“, deutet der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki an. Die Kanzlerin und Vize-Kanzler Guido Westerwelle (FDP) können also hoffen, dass sie das umstrittene Wachstumsbeschleunigungsgesetz am Freitag durch den Bundesrat bringen. Welche Weihnachtsgeschenke an die Länder dafür fällig werden, ist aber noch offen.
Carstensen betont auch: Noch seien Gespräche nötig. Sein Land steckt in der Schuldenfalle. Der Bund wolle Schleswig-Holstein auf dem Weg der Konsolidierung unterstützen. Ausfälle von 70 Millionen Euro für das Land und 60 Millionen für die Landeskommunen durch die zum Beschluss anstehenden Steuerentlastungen will Carstensen nicht hinnehmen. Das Land hat rund 24 Milliarden Euro Schulden. CDU und FDP im Norden hatten sich im Koalitionsvertrag erst auf schmerzhafte Einschnitte wie die Streichung von 5600 Stellen im öffentlichen Dienst bis 2020 verständigt. Ziel: ein ausgeglichener Haushalt.
Eine Blockade im Bundesrat kann sich Merkel kaum leisten. Das von der Kanzlerin erwünschte Aufbruchssignal für die Konjunktur wäre wohl dahin, wenn erst die Mühlen des Vermittlungsausschusses am Steuerpaket zu mahlen begännen. Doch auch Ländern wie Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt oder dem Saarland kommt es nicht zupass, dass die Haushalte der Länder und Kommunen mit Ausfällen von knapp vier Milliarden Euro belastet werden sollen.
Eine Sonderrolle Schleswig-Holsteins, gar einer „Lex Carstensen“ (Baden-Württembergs Noch-Regierungschef Günther Oettinger), soll es nun definitiv nicht geben. Details sind zwar noch unklar. Doch die Bundesregierung will ärmeren Ländern wohl bei der Umsetzung der Schuldenbremse ab 2011 verstärkt unter die Arme greifen. Bisher erhalten sie aus einem von Bund und Ländern finanzierten Fonds Hilfen. Ausverhandelt ist noch nichts. Beim Bildungsgipfel trifft Merkel am Mittwoch mit der gesamten Runde der Ministerpräsidenten zusammen – auch das Steuerpaket dürfte zur Sprache kommen.
Und das Entlastungspaket 2011 dürfte nach verbreiteter Meinung noch für reichlich Zoff sorgen, angesichts dessen die zurückliegenden Carstensen-Intervention noch als gemütlicher Adventskaffee in Erinnerung bleiben dürfte. Am besten solle die Koalition doch ihre gesamte Steueragenda stoppen, fordert SPD-Chef Sigmar Gabriel flux noch einmal. „Wir haben kein Geld für Schulen, kein Geld für Kindergärten, kein Geld für Universitäten“, sagt er, „aber wir machen hier Steuergeschenke, die völlig sinnlos sind und die auch kein Wachstum schaffen.“
Steht die Koalition vor einem mehr oder minder geordneten Rückzug ihres Kurses, trotz Haushaltsnöten mit enormen Steuersenkungen Wachstum erzeugen zu wollen? FDP-Wirtschaftsminister Rainer Brüderle stellt per Interview klar, die Steuerentlastung sei für die FDP nicht verhandelbar. Und sein Ministerium weist Berichte weit von sich, dass intern die Pläne bereits abgespeckt würden.