Gibt es eine Lösung im Steuerstreit zwischen Bund und Ländern. Kanzlerin Angela Merkel versucht, die Regierung in Kiel auf Linie zu bringen.
Berlin. Im verfahrenen Steuerstreit haben der Bund und das Land Schleswig-Holstein vor der entscheidenden Bundesratssitzung bei einem Spitzentreffen Lösungswege ausgelotet. Der Kieler Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) und der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki kamen dazu am Sonntag im Kanzleramt mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Vizekanzler Guido Westerwelle (FDP) und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) zusammen. Die Koalition wollte Finanz-Zusagen vermeiden. Somit könnte das erste große Regierungsvorhaben von Merkel und Westerwelle im Vermittlungsausschuss landen.
Carstensen fürchtet Einnahmeausfälle von 130 Millionen Euro für sein hoch verschuldetes Land und die schleswig-holsteinischen Kommunen. Er droht deshalb mit einer Blockade des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes an diesem Freitag in der Länderkammer. Unmittelbar vor dem Treffen hatte die Bundesregierung Erwartungen an das Treffen zu dämpfen versucht. „Es ist ein reiner Meinungsaustausch“, hieß es in Regierungskreisen.
Mehrere Unions-Ministerpräsidenten und Länderfinanzminister warnten Merkel vor Zugeständnissen nur an Schleswig-Holstein. Für diesen Fall drohten sie ihrerseits mit einer Blockade.Baden- Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) lehnte eine „Lex Carstensen“ strikt ab, wie er der „Stuttgarter Zeitung“ sagte. „So etwas haben wir nie gefordert“, sagte hingegen Schleswig- Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) .
Sachsen-Anhalts Regierungschef Wolfgang Böhmer (CDU) hält eine Zustimmung der Länder am Freitag für ungewiss. „Ich bin sehr zurückhaltend und skeptisch“, sagte er. Die FDP zeigte sich zuversichtlich. Westerwelle sagte der „Welt am Sonntag“, er gehe davon aus, dass der Bund die Länder mit guten Argumenten überzeuge. Unions-Fraktionschef Volker Kauder kündigte an, konkrete Finanzzusagen werde es nicht geben. „Es bleibt dabei: Es wird kein Land herausgekauft“, sagte er der „Berliner Zeitung“. Möglicherweise wird das Thema verknüpft mit dem Treffen von Merkel mit den Ministerpräsidenten an diesem Mittwoch zum Bildungsgipfel. Fachministerin Annette Schavan (CDU) kündigte in der „B.Z.“ zusätzliche Gelder an.
Das Kieler Finanzministerium machte weitreichende Vorschläge für eine Lösung. Die Länder könnten einen größeren Anteil am Umsatzsteueraufkommen erhalten und die geplante Ausnahme für Hotels bei der Mehrwertsteuer könne zurückgestellt werden, zitierte die „Welt am Sonntag“ aus einem Schreiben an die CDU- Länderfinanzminister.CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich kritisierte in den „Stuttgarter Nachrichten“ (Montag), er wundere sich, dass „ausgerechnet aus Ländern, die besonders auf die Solidarität der anderen angewiesen sind, jetzt in dieser Phase die gesamtstaatliche Verantwortung infrage gestellt wird“.
Am Sonnabend hatte Niedersachsens Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Jörg Bode (FDP) Zweifel an Schleswig-Holsteins Sparwillen geäußert. Vor dem Hintergrund der Klagen der schleswig-holsteinischen Landesregierung gegen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sagte Bode dem „Hamburger Abendblatt“: Er sei überzeugt, „dass Schleswig-Holstein bei der Konsolidierung seines Haushalts noch Potenzial hat“. Bode betonte: „Niedersachsen ist selbst bei seinen Beamten dahin gegangen, wo es wehtut.“
Wie zuvor Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) warnte Bode vor einem Sonderweg Schleswig-Holsteins: „Ich kann garantieren, dass auch die Länder, die bereits ihre Zustimmung signalisiert haben, das Gesetz bei einer Einzelfallregelung ablehnen werden“, sagte Bode. „Eine Extrawurst für ein einziges Land kann es nicht geben.“ Als Lösungsvorschlag für den Finanzierungskonflikt zwischen Bund und Ländern nannte er einen erhöhten Mehrwertsteueranteil für die Länder von 1,3 Prozent. „Ich glaube, da mit kann auch der Bund gut leben", sagte Bode.
Der Minister mahnte die Bundesländer, dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz zuzustimmen, und verwies auf die „gesamtstaatliche Aufgabe, Wachstum und Beschäftigung zu verbessern“. Bode betonte: „Wir wollten immer eine andere Erbschafts- und Schenkungssteuer. Jetzt bekommen wir, was wir gefordert haben. Auch wenn das ein Kostentreiber für die Länder ist, müssen wir dazu stehen und gegenfinanzieren.